Mindestlohn in Deutschland Gesetz mit Ausnahmen von der Regel

BERLIN · Der Bundestag stimmt mit großer Mehrheit für den gesetzlichen und flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland. Nach zehn Jahren Debatte und Streit über einen Mindestlohn in Deutschland wird der Bundestag in wenigen Stunden das von der Regierung eingebrachte Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie verabschieden - mit 535 von insgesamt 601 abgegebenen Stimmen.

Ein Gruß muss sein. An einem Tag wie diesem. Andrea Nahles blickt kurz nach oben in Richtung Zuschauertribüne. Dort hat der frühere DGB-Chef Michael Sommer Platz genommen, ebenso sein Nachfolger als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann. Nach zehn Jahren Debatte und Streit über einen Mindestlohn in Deutschland wird der Bundestag in wenigen Stunden das von der Regierung eingebrachte Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie verabschieden - mit 535 von insgesamt 601 abgegebenen Stimmen. Aber vorher noch ein Dank von Bundesarbeitsministerin Nahles an Ex-DGB-Chef Sommer ("Schön, dass Du da bist."), für den der Mindestlohn auch ein Stück Lebenswerk ist.

Mit dem gestern vom Bundestag verabschiedeten Gesetz steigt für rund 3,7 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland der Lohn auf mindestens 8,50 Euro die Stunde. Ausgenommen sind Jugendliche unter 18 Jahren (damit diese eine Ausbildung absolvieren und nicht etwa besser bezahlte ungelernte Jobs annehmen) sowie Langzeitarbeitslose, die während der ersten sechs Monate nach Wiedereinstieg nicht nach Mindestlohn bezahlt werden müssen. Der gesetzliche und flächendeckende Mindestlohn ist ein zentrales Projekt der großen Koalition und war für die SPD quasi Bedingung für ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag.

Nach den Worten von Nahles ist künftig "keine einzige Branche" vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen, wohl aber gibt es Regelungen für Übergangsfristen, bis der Mindestlohn von 8,50 Euro dann auch in voller Höhe bezahlt werden muss. So gilt für Saisonarbeiter der Lohn von 8,50 Euro bereits ab 2015. Allerdings wird die Zahl der Tage, in denen sie nicht sozialversichert sein müssen, von 50 auf 70 erhöht. Auch Kost und Logis für Saisonarbeiter können angerechnet werden, wie Nahles betonte. Ebenso sind Praktika für Auszubildende und Studenten mit einer Dauer von bis zu drei Monaten, solange Ausbildung oder Studium laufen, von der Mindestlohn-Regelung ausgenommen.

Auch für Zeitungszusteller gilt eine Übergangsregelung. Für sie wird der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro zwischen 2015 und 2017 in Stufen eingeführt. Demnach dürfen Verlage im kommenden Jahr um 25 Prozent unter dem Mindestlohn bleiben. 2016 sollen sie bei ihren Zeitungszustellern den Mindestlohn noch um 15 Prozent unterschreiten dürfen. Erst 2017 soll dann auch hier der Mindestlohn gelten.

Um den Mindestlohn auch ausreichend kontrollieren zu können, soll der Zoll 1600 neue Mitarbeiter bekommen, die auf Baustellen und in Betrieben prüfen, ob die dort beschäftigten Arbeitnehmer auch mindestens nach Gesetz bezahlt werden.

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