Papst trifft Flüchtlinge Franziskus besucht die Gestrandeten auf der Insel Lampedusa

ROM · Franziskus sitzt auf einem hölzernen Lehnstuhl, unter ihm rauscht das Meer. Ein Offizier in weißer Uniform beugt sich zum Papst hinunter und zeigt ihm auf einem Laptop einen Film. Es ist Nacht auf den Bildern, zitternde Menschen in Wärmedecken erreichen den Hafen von Lampedusa, nach einer Überfahrt, die sie auch das Leben hätte kosten können.

 Papst Franziskus an dem Ort der Hoffnungslosigkeit: Das Oberhaupt der katholischen Kirche besucht die Insel Lampedusa.

Papst Franziskus an dem Ort der Hoffnungslosigkeit: Das Oberhaupt der katholischen Kirche besucht die Insel Lampedusa.

Foto: AFP

Deshalb ist er gekommen, wegen dieser Menschen lässt Franziskus sich auf einem Boot der Küstenwache vom Flughafen der Insel in den Hafen schiffen. Es ist die erste offizielle Reise seines Pontifikats, sie geht an den südlichsten Punkt Italiens, der Afrika näher liegt als Rom. Noch nie war hier ein Papst zu Besuch. Johannes Paul II. fuhr zu Beginn seines Pontifikats zum Grab des Heiligen Franziskus nach Assisi, anschließend nach Mexiko. Benedikt XVI. zu einem eucharistischen Kongress nach Bari. Und Franziskus kommt nach Lampedusa, dem Symbol der nie gelösten Flüchtlingstragödie.

Am Morgen, kurz bevor Franziskus per Flugzeug auf Lampedusa landet, sind wieder 160 Flüchtlinge auf der Insel angekommen. Sie haben ihr Leben riskiert, um der Hoffnungslosigkeit in ihren afrikanischen Heimatländern zu entkommen. 4000 Immigranten sind dieses Jahr schon auf Lampedusa gestrandet, oft werden die überfüllten Schaluppen von den Schleppern mitten im Meer im Stich gelassen. 25.000 Menschen sollen in den vergangenen 20 Jahren auf diese Weise ums Leben gekommen sein, Franziskus wirft ihnen zum Gedenken bei der Einfahrt in den Hafen einen Blumenkranz ins Meer.

Vor drei Wochen waren in italienischen Medien Bilder zu sehen von Flüchtlingen, die vor Lampedusa Schiffbruch erlitten hatten und sich an Thunfischnetzen mitten im Meer festhielten, sieben von ihnen überlebten nicht. Damals, so erzählte der Papst, sei der Entschluss gereift, nach Lampedusa zu reisen. Am Kai angekommen, trifft Franziskus eine Gruppe von 50 Flüchtlingen, die dort auf ihn warten. Der Papst schüttelt jedem Einzelnen die Hand, einer der Flüchtlinge darf dann ein paar Worte ins Mikrofon sprechen.

Dann geht es auf einem offenen Fiat zum Fußballstadion von Lampedusa. Der Erzbischof von Agrigent ist dabei, aber kein Kardinal, kein Politiker. Deren Anwesenheit hat sich Franziskus ausdrücklich verbeten. 10.000 Menschen erwarten den Papst singend auf dem Rasen. Es ist eine festliche Atmosphäre, die während der Messe in tiefen Ernst umschlägt. "Wir haben uns an das Leiden der anderen gewöhnt", sagt Franziskus. "Es betrifft uns nicht, es interessiert uns nicht, es geht uns nichts an!", lauten seine Worte.

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