Kommentar zur Terrorabwehr in Deutschland Fehlersuche

Meinung | Bonn · Neben die Aufklärung des Anschlags, die Fahndung nach möglichen Hintermännern und weiter aktiven Netzwerken, muss die Aufklärung von Behördenversäumnissen und Fehleinschätzungen im Fall Amri treten.

Die Umstände des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt und sein wahrscheinlicher Urheber, der Tunesier Anis Amri, produzieren immer neue Fragen. Eine der wichtigsten: Wie konnte es möglich sein, dass Amri überhaupt auf freiem Fuß war? Warum zogen die unterschiedlichen Behörden, die sich mit Amri beschäftigten, ihn nicht aus dem Verkehr?

Einen Mann, über den sie, wie sich nun scheibchenweise herausstellt, schließlich allerhand wussten. Dass er sage und schreibe acht Identitäten benutzte zum Beispiel. Dass er im Internet nach Anleitungen zum Bau von Rohrbomben suchte. Dass er sich für die Herstellung von Sprengstoffen interessierte. Dass er ständig Wohnsitze und Aufenthaltsorte wechselte, Kontakte zu Salafisten und Sympathisanten des Islamischen Staates unterhielt. Dass er sich wahrscheinlich Sozialleistungen erschlich.

Neben die Aufklärung des Anschlags, die Fahndung nach möglichen Hintermännern und weiter aktiven Netzwerken, muss die Aufklärung von Behördenversäumnissen und Fehleinschätzungen im Fall Amri treten. Dabei darf es nicht primär darum gehen, Schwarze Peter zu verteilen. Stattdessen müssen Prozeduren und Strukturen der Terrorabwehr in Deutschland hinterfragt, Hindernisse beim Datenaustausch und bei der Zusammenarbeit der beteiligten Behörden beseitigt werden. Es wird auch darum gehen müssen Wege zu finden, Personen wie Amri schnell und konsequent auszuweisen. Personen, die durch Taten und Verhalten beweisen, dass sie der Gesellschaft, die sie aufgenommen hat, schaden.

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