Unauflöslichkeit der Ehe Einmal Papst, immer Papst

Rom · Der emeritierte Benedikt XVI. sorgt mit der Überarbeitung einer theologischen Schrift zur Unauflöslichkeit der Ehe für Aufsehen. Will er sich in die aktuelle kirchliche Debatte einmischen?

 Will frischen Wind in den Vatikan und in die katholische Kirche bringen: Papst Franziskus.

Will frischen Wind in den Vatikan und in die katholische Kirche bringen: Papst Franziskus.

Foto: dpa

Drei Tage nach Bekanntgabe seines Amtsverzichts am 11. Februar 2013 versprach Benedikt XVI., nach seinem Rücktritt "verborgen vor der Welt" zu leben. Zugleich erkannte der bald darauf emeritierte Papst, dass es für ihn dennoch "keine Rückkehr mehr ins Private" geben werde. Einmal Papst, immer Papst - so könnte man Josef Ratzingers damalige Interpretation des immer währenden Petrus-Dienstes zusammenfassen.

Dass sich aus der Koexistenz eines amtierenden und eines emeritierten Papstes Probleme ergeben könnten, war bereits vor der Wahl seines Nachfolgers absehbar. In diesen Tagen hat sich dieser Verdacht erhärtet. Denn Benedikt XVI. lebt zwar abgesehen von einigen öffentlichen Auftritten im Vatikan auf Einladung von Franziskus "verborgen vor der Welt". Der 87-Jährige, der sich ganz auf das Gebet und Korrespondenz konzentrieren will, lässt aber auch immer wieder schriftlich von sich hören. Nun wirft die Neuauflage des Vierten Bandes seiner Gesammelten Schriften (Herder-Verlag) Fragen auf.

In einem Aufsatz Josef Ratzingers "Zur Frage nach der Unauflöslichkeit der Ehe" geht es um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion. Bei der Bischofssynode im Oktober wurde insbesondere um diese Frage gerungen, die von vielen als theologisches Schlüsselproblem für oder gegen einen offeneren Kurs der katholischen Kirche empfunden wird. Der Ratzinger-Aufsatz von 1972 wurde für die Neuauflage überarbeitet. Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff hat nun darauf hingewiesen, dass der Autor zu einem völlig anderen Ergebnis als bislang kommt.

Während Ratzinger im bisherigen Text dafür plädierte, wiederverheiratete Katholiken nach einer Zeit der Buße wieder zur Kommunion zuzulassen, steht für den emeritierten Papst nunmehr fest: Wiederverheiratete können unter keinen Umständen zur Kommunion zugelassen werden. Der Emeritus und seine Herausgeber mischen sich damit unmittelbar in eine theologische Debatte ein, die schon jetzt als eine Kernfrage des Pontifikats von Franziskus gilt. Auch der amtierende Papst wird sich erwartungsgemäß nach der ordentlichen Synode im Oktober 2015 zu dem Problem äußern.

Will der emeritierte Papst, dem die theologisch schwierige Frage bebreits während seines Pontifikats am Herzen lag, den Amtsinhaber beeinflussen und die konservative Gruppe der Synodenväter unterstützen? Solche Spekulationen muss sich Ratzinger nun gefallen lassen. Dabei befand sich Benedikt XVI. bei der Überarbeitung zur Neuauflage in einer Zwickmühle. Hätte er nunmehr als (emeritierter) Papst Benedikt XVI. die Version von 1972 aufrecht erhalten, stünden seine Ausführungen zum Problem der wiederverheirateten Geschiedenen konträr zu denen des von Benedikt selbst berufenen Präfekten der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller.

Müller, der die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene rigoros ausschließt und zudem Herausgeber der Ratzinger-Schriften ist, gab zum Thema bereits häufiger zu bedenken, dass viele katholische Ehen möglicherweise gar nicht gültig seien. In demselben Sinn endet nun auch der Ratzinger-Aufsatz. Ob es eher das Interesse des Herausgebers, des Autors oder auch beider war, die neue Version des Ratzinger-Aufsatzes in Einklang mit der gegenwärtig gültigen Lehre zu bringen, steht dahin.

Franziskus, den diese Fragen am meisten betreffen, hat sich schon vor Zeiten sehr gelassen zur Frage eines möglicherweise unbequemen Mitbewohners gegeben. "Er ist diskret, bescheiden und will nicht stören", sagte er über sein Verhältnis zu Benedikt XVI.

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