Meinung zum Polizeieinsatz in der Silvesternacht Ein Anfang

Meinung | Bonn · Die Polizei hat Silvester 2016 zum seit vielen Jahren bestbeschützten Jahreswechsel gemacht. Doch zur Normalität der Vorjahre wird man nicht zurückkehren können.

Das Konzept der Sicherheitsbehörden ging auf: detaillierte Vorbereitung, massive Präsenz und konsequentes, auch präventives Einschreiten. Dabei ließ sich die Polizei nicht von irgendwelchen selbstverordneten Zurückhaltungen leiten, sondern von den Erfahrungen des vergangenen Jahres. Überall in den großen Städten waren die Beamten auf der Straße und sicherten die Feiern ab.

Sie setzten Böllerverbote durch, hielten Extremisten aller Richtungen in Schach und gingen gegen Zusammenrottungen von Gruppen vor, die im vergangenen Jahr auffällig geworden waren. Die Polizei und die zuständigen städtischen Behörden kommunizierten klar und deutlich, was sie gerade taten. Dabei nahmen sie kein Blatt vor den Bund, sondern sprachen von Nordafrikanern, die in großen Gruppen unterwegs waren und daher kontrolliert wurden.

Der Vergleich mit Silvester 2015 zeigt, was in Deutschland in nur einem Jahr geschehen ist. Der Staat kann Spielregeln durchsetzen, wenn er denn will – und er tut es auch. Die Politik hat begriffen, dass sie so handeln muss. Auch die Reaktionen auf diesen Einsatz in Köln und in vielen anderen Städten machen deutlich, was anders ist: Kritik am Vorgehen gegen Nordafrikaner, die man anhand ihres Aussehens identifiziert hat, werden nur verhalten und in den sozialen Medien laut. Die Politik schweigt vernehmbar. Das wäre vor einem Jahr noch ganz anders gewesen.

Die Beamten hätten sich sofort mit dem Vorwurf des Rassismus auseinandersetzen müssen. Darüber muss man sicher nachdenken. Aber solange die Polizei und dann irgendwann sicher auch die Justiz die Verhältnismäßigkeit solcher Aktionen im Auge behalten, kann eine freie Gesellschaft damit leben. Die neue Klarheit eröffnet in jedem Fall die Möglichkeit, sich über problematische Verhaltensweisen und Kriminalität von Menschengruppen zu verständigen und für Abhilfe zu sorgen. Nichts anderes hatte die Polizei offenkundig im Sinn.Sie muss akut entscheiden, was nötig ist. Dafür braucht sie Unterstützung.

Silvester 2016 ist vorbei. Politik und Polizei haben mit hohem Aufwand und Bewusstsein für die symbolische Bedeutung dieses Tages ihren Job erledigt. Kehren wir also zur Normalität der Vorjahre zurück? Damit ist nicht zu rechnen, denn die Sicherheitslage bleibt angespannt. Anschläge sind weiter eine Gefahr.

Der tödliche Angriff auf den Club in Istanbul unterstreicht das noch einmal. Aber auch das ganz normale Miteinander in den Städten wird sich nicht so leicht normalisieren. In Dortmund, Düsseldorf, Münster oder Essen beobachtete die Polizei Nordafrikaner, die zu Hunderten offenkundig verabredet in die Zentren reisten. Man wird damit rechnen müssen, dass andere Feste auf öffentlichen Plätzen Anlass für solche Treffen sein können. Daher wird es wichtig sein, die Entwicklung im Blick zu behalten.

Wir werden uns auf Dauer an mehr Polizei auf Straßen und Plätzen und bei Festen gewöhnen müssen. Die Mahner gegen Videoüberwachung und Datenspeicherung führen allenfalls noch Nachhutgefechte. Ihre Argumente klingen vor dem Hintergrund des Anschlages in Berlin und der Silvesternacht 2016 nur noch matt. Der Einsatz von Staat und Polizei zum Jahreswechsel markiert einen Anfang, kein Ende.

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