Spannungen zwischen Iran und USA Droht in Nahost ein neuer Golfkrieg?

Istanbul · Die immer weiter eskalierende Lage erinnert viele Beobachter an die Situation vor dem Irak-Krieg von 2003. US-Außenminister Pompeo sucht in Europa Mitstreiter für seine harte Linie.

 Amerikanisches Kriegsgerät auf dem Weg in den Golf: US-Soldaten auf einem Flugzeugträger.

Amerikanisches Kriegsgerät auf dem Weg in den Golf: US-Soldaten auf einem Flugzeugträger.

Foto: AFP

Nach den mysteriösen Anschlägen auf vier Öltanker im Persischen Golf eskalieren die Spannungen in der Region weiter. Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen griffen am Dienstag nach eigenen Angaben mehrere Ziele in Saudi-Arabien mit Drohnen an. Verletzt wurde niemand, doch die Gewalttaten erhöhen die Gefahr militärischer Auseinandersetzungen zwischen dem Iran auf der einen sowie den USA, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) auf der anderen Seite.

Die Ausgangslage: Die Drohnen-Angriffe seien eine Reaktion auf die Verbrechen Saudi-Arabiens im Jemen, erklärten die Huthis. Die Rebellen kämpfen im Jemen seit 2015 gegen eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition. Die saudische Monarchie als führende sunnitische Macht betrachtet die Huthis als Vasallen ihres Erzfeindes, des schiitischen Iran. Auch die USA werfen den Iranern eine aggressive Politik im Nahen Osten vor und wollen die Islamische Republik mit Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen.

Zwei Tage vor den Drohnen-Angriffen hatten Unbekannte zwei saudische, einen emiratischen und einen norwegischen Tanker im Golf angegriffen. Mindestens eines der Schiffe wurde von einem Projektil an der Wasserlinie getroffen. Meldungen, wonach die angegriffenen Tanker fast gesunken wären, bestätigten sich aber nicht. Die Behörden in Fudschaira, das zu den VAE gehört, erlaubten es Reportern der Agentur nicht, die Schiffe näher in Augenschein zu nehmen. Obwohl das Ausmaß und die Umstände der Angriffe unklar blieben, heizte der Zwischenfall die Spannungen zwischen den USA und ihren Verbündeten sowie dem Iran an.

Die Sicht der Kontrahenten: Sollte am Golf etwas geschehen, werde der Iran „ein schlimmes Problem“ bekommen, drohte US-Präsident Donald Trump. Irans Staatschef Hasan Ruhani antwortete, sein Land lasse sich nicht einschüchtern und werde „den Feind besiegen“. Aus Sicht der Saudis und der Trump-Regierung ist der Iran ein regionaler Unruhestifter, der gestoppt werden muss. Washington denkt deshalb über einen zusätzlichen Truppenaufmarsch am Golf nach.

Iranische Hardliner beteiligen sich an Propagandaschlacht

Bis zu 120.000 Soldaten könnten in die Region verlegt werden, wenn der Iran US-Truppen dort angreifen oder den Bau einer Atombombe vorantreiben sollte, berichtete die „New York Times“. Auch iranische Hardliner nehmen an der Propagandaschlacht teil. Der Iran werde die Straße von Hormus im Persischen Golf und damit eine der wichtigsten Ölhandelsrouten der Welt sperren, wenn iranische Öltanker dort nicht mehr verkehren könnten, erklärte der Marine-Chef der Revolutionsgarden, Alireza Tangsiri, vor wenigen Wochen. Bisher schrecken die Beteiligten vor einer offenen Konfrontation zurück.

Worin besteht die Gefahr? Innenpolitische Faktoren auf beiden Seiten des Konflikts machen nun eine militärische Konfrontation wahrscheinlicher. Ruhani gerät wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme in Folge der US-Sanktionen in Teheran immer weiter in die Defensive. Hardliner in der US-Regierung haben den Druck auf den Iran immer weiter erhöht, ohne dass diese Politik die Teheraner Regierung zu einer Mäßigung ihres Verhaltens bewegen konnte. Das sorge für Frust in Washington, sagte Ali Vaez, Iran-Experte bei der Denkfabrik International Crisis Group, dem Magazin „New Yorker“: Auf beiden Seiten könnte die Versuchung wachsen, militärische Mittel einzusetzen, um im jeweils eigenen Land zu punkten.

Die historische Perspektive: Manche Kritiker Trumps fühlen sich an die Lage vor dem Irak-Krieg von 2003 erinnert, als die damalige amerikanische Regierung falsche Vorwürfe verbreitete, um die Öffentlichkeit auf einen militärischen Konflikt vorzubereiten. Andere Beobachter denken an den so genannten Tonkin-Zwischenfall von 1964: Damals verbreitete die US-Kriegsmarine die Falschmeldung von einem Angriff durch nordvietnamesische Schiffe; die Regierung in Washington nutzte das, um sich vom Kongress grünes Licht für den Vietnam-Krieg zu holen. Colin Kahl, ein früherer Berater von Trumps Vorgänger Barack Obama, sorgt sich nun, dass sich der Fall Tonkin am Persischen Golf wiederholen könnte.

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