Furcht vor Haushaltssperre Die Kommunen schlagen Alarm

DÜSSELDORF · Kommunen und Kreise befürchten massive Kürzungen in Förderprogrammen des Landes durch die sofortige Haushaltssperre. "Das ist eine Katastrophe für Vereine", sagte der Hauptgeschäftsführer des NRW-Städte- und Gemeindebundes, Bernd Schneider, unserer Zeitung.

Wenn die ehrenamtliche Arbeit erschwert werde, drohten ganze Vereinsstrukturen zerstört zu werden. Bei Kultur, Sport, Sucht- und Jugendprogrammen erwarten Kommunen harte Einschnitte. Die Bauindustrie rechnet mit einem "Investitionsstopp für neue Projekte". Experten erwarten, dass Nordrhein-Westfalen mit der Sperre 2014 mehr als 100 Millionen Euro einspart.

Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hatte aufgrund der dreistelligen Millionenlücke nach dem "Beamtenurteil" des Verfassungsgerichts per Erlass eine sofortige Haushaltssperre in den Landesbehörden verfügt. Alle freiwilligen Leistungen kommen auf den Prüfstand. Zwar laufen die Mittel im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) und für kofinanzierte Bundes- und EU-Programme weiter.

Das Land bewilligt den Kommunen aber darüber hinaus nur noch Mittel für bereits angelaufene oder vertraglich vereinbarte Projekte. Im Zweifelsfall dürften Ausgaben nicht geleistet werden, heißt es im Erlass.

Bei freiwilligen Ausgaben der Städte etwa für Kultur und Sport "wird sich das bemerkbar machen", erwartet der stellvertretende Geschäftsführer des NRW-Städtetages, Helmut Dedy. Auch der Landkreistag rechnet mit "schmerzlichen" Folgen der Haushaltssperre bei Förderprogrammen. Besonders betroffen seien auch die Stadtentwicklung und der Umweltbereich, sagte der Kommunalexperte des Landkreistags, Christian von Kraack.

Aber auch Projekte wie die Suchtprävention, Integrationsgruppen oder ehrenamtliche Arbeit in Vereinen gerieten unter Druck. "Die Kommunen können nicht in die Bresche springen." Ein Auszug der freiwilligen Leistungen: Mit 97,5 Millionen Euro ist die Stadterneuerung eine der größten freiwilligen Leistungen des Landes.

Für Orchester, Theater, Musikschulen und Musikfeste zahlt NRW im Jahr insgesamt rund 45 Millionen Euro Zuschuss. Die Nutzbarmachung von Brachflächen schlägt mit 17,5 Millionen Euro zu Buche. Auch die 2,5 Millionen Euro Kostenbeteiligung des Landes zur Sicherung von Bahnübergängen zählen zu den freiwilligen Leistungen.

Der Städte- und Gemeindebund sieht auch den Ausbau des schnellen Internets in Nordrhein-Westfalen in Gefahr, weil erwartete Fördermittel bis zu einem Nachtragshaushalt im Herbst auf Eis liegen.

Darüber hinaus fürchtet Hauptgeschäftsführer Schneider auch eine mögliche Anhebung der Grunderwerbsteuer durch das Land, um die Haushaltslücke teilweise zu schließen. "Dann wird das Bauen teurer. Auch die Bautätigkeit insgesamt könnte zurückgehen." Die Haushaltssperre für freiwillige Förderprogramme sei besonders schlimm, weil sie die Bereiche treffe, die das Leben vor Ort lebenswert machten, kritisierte Schneider.

Der nordrhein-westfälische Städtetag bestätigte, dass die Mittel im kommunalen Finanzausgleich inklusive der Schul-, Investitions- und Sportpauschalen ebenso wie Gelder aus dem Stärkungspakt nicht gesperrt seien.

Die Bauindustrie sieht aber die Sanierungen von Brücken, Straßen und Schienen in Gefahr und erwartet einen Investitionsstopp für neue Landesstraßen und die Streichung der Planungsmittel für Bauvorhaben von Bund und Land. "Ab sofort stehen die Investitionsmittel im Stau", klagte Hauptgeschäftsführerin Beate Wiemann.

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