Kommentar zum EU-Gipfeltreffen Die EU hat genug

Meinung | Brüssel · Nach dem EU-Gipfeltreffen am Donnerstag dürfte Mays Spielraum endgültig auf null geschrumpft sein. Die Union ist mit ihrer Geduld am Ende, kommentiert GA-Korrespondent Detlef Drewes.

Theresa May hat in Brüssel eine ziemlich heftige Lektion erteilt bekommen. Vielleicht merkte die britische Premierministerin tatsächlich erst dort, dass ihre Verfahrenstricks und taktischen Spielchen den Blick trübten und sie die Verschiebung der Gewichtsverhältnisse nicht registrierte. Denn jetzt diktieren nicht mehr die Politiker des Vereinigten Königreiches, sondern die Staatenlenker der EU den Fortgang der Ereignisse. Die Angst vor einem No Deal und damit auch die Möglichkeit, Druck auf die EU zu machen, sind weg.

Die Zahl derer, die stets vor einem ungeregelten Austritt des Großbritanniens aus der Union warnten, die fast schon inständig baten, alles zu tun, um dieses Szenario zu vermeiden, ist gesunken. Alle Staats- und Regierungschefs waren am Donnerstag entschlossen, notfalls einen harten Bruch in Kauf zu nehmen – wenn nur endlich dieses unsägliche Hin und Her in London aufhört. Manche Äußerungen hörten sich an wie der entschiedene Versuch, sich aus den Fesseln der Geiselhaft zu befreien, in der sich die Gemeinschaft gefangen fühlt. Der Brexit schreckt niemanden mehr. Ganz im Gegenteil: Er wird schon fast herbeigesehnt, damit man endlich Ruhe vor den Briten hat, die ja doch nicht wissen, was sie wollen. May musste erleben, dass die EU nun am längeren Hebel sitzt.

Nichts, aber auch gar nichts, ist man bereit, London zu ersparen. Die Versprechen, bis zuletzt für eine gute Vereinbarung zu arbeiten, wirkten wie einstudiert. Die Union hat sich vorbereitet. Der Fortgang des Flug-, Bahn- und Reiseverkehrs ist längst unter Dach und Fach. Mays Spielraum dürfte an diesem Donnerstag endgültig auf null geschrumpft sein. Das haben ihr die Amtskollegen klar gemacht. Die Union ist mit ihrer Geduld am Ende.

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