Deutscher Ärztetag in Berlin Zankapfel Privatpatient

BERLIN · Die Ärzte in Deutschland streiten sich über die Vergütung ihrer Leistungen. Die SPD wehrt sich gegen höhere Honorare mit ungewöhnlicher Härte.

 Auf der Suche nach einem satten Plus: 30 Prozent mehr hatten sich Ärzte für ihren Honorartopf versprochen. Jetzt würden die Privaten Krankenversicherungen schon über ein Plus von zehn Prozent jubilieren. Darüber ist heftiger Streit in der Ärzteschaft entbrannt.

Auf der Suche nach einem satten Plus: 30 Prozent mehr hatten sich Ärzte für ihren Honorartopf versprochen. Jetzt würden die Privaten Krankenversicherungen schon über ein Plus von zehn Prozent jubilieren. Darüber ist heftiger Streit in der Ärzteschaft entbrannt.

Foto: dpa

Am Samstag trifft sich der Deutsche Ärztetag, sozusagen das Parlament der deutschen Ärzte, zu einer Versammlung in Berlin. Das ist ungewöhnlich. Schon gewöhnlicher ist es, dass es beim aufgestauten Unmut, der zu diesem außerordentlichen Treffen geführt hat, ums Geld geht. Die Zunft streitet um eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), mit der die Vergütung für Privatpatienten neu geregelt werden soll.

Niemand bestreitet, dass eine Reform sinnvoll ist. Die heutige Ordnung stammt aus dem Jahre 1982 und wurde zuletzt 1996 angepasst. Der medizinische Fortschritt durch neue Behandlungsmethoden wird in ihr nicht mehr abgebildet. Dass nach 20 Jahren auch die Inflation berücksichtigt werden könnte, ist sicher keine unberechtigte Forderung. Die Ärzte behelfen sich heute durch eine geradezu künstlerische Kreativität beim Veranschlagen von Hebesätzen, also dem Multiplizieren von festgelegten Sätzen mit bestimmten Faktoren – inzwischen eine Art moderner Geheimwissenschaft.

Damit es aber zu einer Neuregelung kommt, muss es zu einer Einigung zwischen drei Parteien kommen. Für die Ärzte verhandelt die Bundesärztekammer. Ihr Interesse ist klar: Mehr Geld für die Mediziner. Auf der anderen Seite stehen die Privaten Krankenversicherungen (PKV), die kein Interesse daran haben, das Honorarbudget merklich auszudehnen. Schon jetzt dürften vielen privat Versicherten in diesem Jahr deutliche Beitragssteigerungen ins Haus stehen.

Dritte, zumindest indirekt beteiligte, Partei ist der Fiskus. Die meisten privat Versicherten sind Beamte. Als Träger der Beihilfe sind die Bundesländer also von dem Thema betroffen. Sie haben definitiv keine Lust, hier mehr Geld lockermachen zu müssen. Sollten die drei Seiten jedoch zu einer Einigung finden, wird das Bundesgesundheitsministerium das neue Regelwerk in Kraft setzen. Noch aber ist völlig unklar, ob das – wie angedacht – bis zum Oktober dieses Jahres möglich sein wird.

Inzwischen liegt ein erster Entwurf vor – und schon bricht der Sturm los. Viele Ärzte sind enttäuscht. Hausärzte gegen Fachärzte, Facharztgruppen gegeneinander, Kammern desgleichen – das übliche Getümmel. Längst ist die Hoffnung dahin, die neue GOÄ könnte allen Ernstes zu einer Ausweitung des Honorartopfes um über 30 Prozent führen, wie ursprünglich gefordert. Die PKV stellt sich schon gegen eine Steigerung von über zehn Prozent auf.

Womöglich bleibt aber auch dieser Versuch einer Reform im politischen Gestrüpp hängen. Denn in ungewöhnlicher Härte hat sich die SPD gegen das ganze Vorhaben in Stellung gebracht. Auf der Suche nach griffigen Wahlkampfthemen ist dort der Dauerbrenner Bürgerversicherung, also die Überwindung der Trennung in Private und Gesetzliche Krankenversicherung, wieder verstärkt in den Blick geraten. „Wir werden alles tun, um das aufzuhalten“, sagt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.

Union und SPD hätten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dieses Thema der Trennung zwischen GKV und PKV nicht anzufassen. Eine neue Gebührenordnung für die private Abrechnungspraxis vertiefe aber den Graben zwischen beiden Systemen, sagt er. Auch in der Union heißt es, dass man eine Reform „in Hinblick auf Kostensteigerungen einer kritischen Prüfung unterziehen“ werde. Aus Ärzte-Sicht klingt das nicht gut.

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