Bundesagrarministerin Julia Klöckner im Interview "Wir wollen Glyphosat rasch reduzieren"

Bis zum Jahresende muss Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) ihrer Kollegin, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), mitteilen, wie viel Kohlendioxid die Landwirtschaft bis 2030 einsparen will. Mit Klöckner sprach Jan Drebes.

 Julia Klöckner ist seit März dieses Jahres Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft. Die 45-Jährige stammt aus und wohnt in Bad Kreuznach. Seit 2011 ist sie Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen CDU und seit 2012 stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei.

Julia Klöckner ist seit März dieses Jahres Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft. Die 45-Jährige stammt aus und wohnt in Bad Kreuznach. Seit 2011 ist sie Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen CDU und seit 2012 stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei.

Foto: dpa

Was schwebt Ihnen vor?
Julia Klöckner: Wir haben das Ziel schon längst definiert. Mein Ministerium hat einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt, den wir umsetzen werden. Damit erreichen wir unser Einsparziel für die Branche von bis zu 14 Millionen Tonnen bis 2030. Übrigens auch ohne eine CO2-Steuer, die die Umweltministerin vorgeschlagen hatte und jetzt wohl auch nicht mehr weiterverfolgt. Diese Steuer ist unnötig.

Welche Punkte aus dem Plan sind Ihnen besonders wichtig?
Klöckner: Kein anderes Ressort hat solch einen Lösungsschlüssel wie meines: den Wald. Bereits jetzt leisten der Wald und dessen Bewirtschaftung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Denn wenn es den Wald nicht gäbe, hätten wir mit 14 Prozent mehr CO2-Ausstoß in Deutschland zu kämpfen. Einfach gesagt: Die Verwendung von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung ist aktiver Klimaschutz. Bauholz oder Möbel speichern noch jahrzehntelang CO2.

Was bedeutet das für Ihr Konzept?
Klöckner: Ganz klar: Wir werden mehr für die Gesundheit der Böden und Wälder tun. Wir müssen den gewaltigen Kohlenstoffspeicher Boden erhalten, gerade auch im Sinne der Klimaanpassung. Zum Glück ist der Wald von Natur aus widerstandsfähig - dennoch müssen wir ihn gegen Dürre und Borkenkäferbefall stärken, damit er gewappnet ist für Klimaveränderungen.

Wie wollen Sie das schaffen?
Klöckner: Durch viele einzelne Aktivitäten meines Ministeriums - vor allem bei der Klimawirksamkeit. So fördern wir zum Beispiel mit dem Waldklimafonds gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium gezielt Maßnahmen, um Holz und Wald als CO2-Speicher weiter sicherzustellen und sogar auszubauen. Mehr noch: Mit der Charta für Holz 2.0 stärken wir die Holzverwendung aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Wir werden die rechtlichen Hindernisse beim Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen beim Bauen abbauen. Wir wollen, dass die Materialeigenschaften von Holz verbessert werden. Wir wollen, dass die stoffliche Verwendung von Laubholz optimiert wird. Wir wollen, dass die Verwendung von Laubholz als Ersatz von Baumaterialien, die bei ihrer Herstellung das Klima belasten, gestärkt wird.

Ein anderes Problem fürs Klima ist der hohe Methanausstoß durch Gülle.
Klöckner: Das stimmt. Wir wollen daher Gülle künftig noch stärker in Biogasanlagen einbringen, die daraus Strom und Wirtschaftsdünger gewinnen können. So lässt sich ein klimaschädliches Abfallprodukt gleich in doppelter Weise nutzen. Heute liegt der Anteil bei 30 Prozent, wir wollen das mit Förderungen und Umrüstungen auf bis zu 70 Prozent steigern. Darin liegen ungeheure Chancen zur Verbesserung des Klimas.

Welche Rolle spielt die Massentierhaltung?
Klöckner: Der Fleisch- und Wurstverzehr pro Kopf ist bei uns in Deutschland zurückgegangen. Aber es gehört eben auch zur banalen Wahrheit, dass für das, was wir essen, Tiere gehalten werden müssen. Wichtig ist, wie sie gehalten werden, und das muss zum Beispiel in Teilen noch klimafreundlicher werden.

Düngemittel belasten das Grundwasser, die Deutsche Umwelthilfe hat die Bundesregierung verklagt. Fürchten Sie eine ähnliche Erfolgswelle wie bei den Fahrverboten?
Klöckner: Ach wissen Sie, die Umwelthilfe betreibt damit ein Geschäftsmodell und legt Wert auf Stimmungsmache. Aber mir geht es um die Faktenlage. Die Düngeverordnung ist überarbeitet worden und wird Wirkung entfalten. Die Klage richtet sich gegen einen alten Sachstand, deswegen bin ich entspannt.

Warum dauert die Ressortabstimmung beim Glyphosat-Ausstieg so lange?
Klöckner: Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Mein Vorschlag liegt seit April auf dem Tisch. Und mein Eindruck ist, dass das Thema gerne für emotionale Debatten und Alleingänge herangezogen und genutzt wird. Dabei sind Kollegin Schulze und ich uns einig, was das Ziel angeht: Eine möglichst rasche Reduzierung und das Überflüssigmachen der Nutzung von Glyphosat. Meine im Frühjahr vorgelegte Reduktionsstrategie sieht unter anderem vor, die private Nutzung zu untersagen, auch die Anwendung an Spielplätzen, in Naturschutzgebieten und in der Nähe von Gewässern. Aber ein Komplettverbot vor Ablauf der von der EU zugebilligten fünf Jahre ist nicht rechtskonform, das wissen alle Beteiligten.

Wird die Verordnung noch in diesem Jahr kommen?
Klöckner: Ich bin dafür, die Sache gründlich und in Einklang mit dem EU-Recht zu gestalten. Wir brauchen eine Politik, die Lösungen erarbeitet und nicht eine, die Stimmung macht und die Leute aufhetzt. Und gegen zügiges Arbeiten habe ich nichts, im Gegenteil.

Sie sind Vize-Vorsitzende der CDU. Sollte die nächste Vorsitzende oder der nächste Vorsitzende die Partei in der Mitte halten?
Klöckner: Der- oder diejenige muss dafür sorgen, dass die CDU nicht nach rechts oder nach links rückt, sondern sich die CDU als Volkspartei wieder breiter aufstellt. Sie muss sowohl für den Krankenpfleger als auch für die Chefärztin wählbar sein. Alle Flügel unserer Partei müssen wir einbinden.

Aber kann der Millionär Friedrich Merz wirklich für die Mitte der Gesellschaft stehen?
Klöckner: Hat die Mitte der Gesellschaft nur etwas mit dem Kontoauszug zu tun?

Nein, aber auch...
Klöckner: Schubladendenken ist das. Hätte er umgekehrt eine Insolvenz hingelegt, hieße es, so jemandem kann man nicht zutrauen, erfolgreich Vorschläge für die Gesellschaftsgestaltung zu machen.

Annegret Kramp-Karrenbauer hat den Rückhalt der Frauenunion. Aber hat sie nach Ihrem Eindruck auch die Mehrheit der weiblichen Delegierten?Klöckner: Annegret Kramp-Karrenbauer hat als erfolgreiche Ministerpräsidentin die Zustimmung sowohl von Frauen als auch von Männern erkämpft. Kandidaten aufs Geschlecht zu reduzieren, halte ich für unterkomplex.

Und Ihr persönlicher Eindruck, stehen die meisten Frauen hinter ihr?
Klöckner: Wir alle erleben, dass alle drei Kandidaten Anhänger unter Männer und Frauen haben - und darüber kann sich unsere Partei wirklich glücklich schätzen, drei so starke Kandidaten zu haben. Manch andere Partei würde dafür viele Kerzen anzünden.

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