Ankara fordert Aufklärung Wieder Anschlag auf türkische Einrichtung

Istanbul/Berlin · Erst war es der Konflikt zwischen Erdogan und der Gülen-Bewegung. Jetzt sorgt die türkische Militäroffensive im syrischen Kurdengebiet hierzulande für Unfrieden. Migrantenverbände rufen zur Mäßigung auf.

 Plakate und Flaggen hängen vor einer Moschee an in Berlin-Reinickendorf, auf die ein Brandanschlag verübt wurde.

Plakate und Flaggen hängen vor einer Moschee an in Berlin-Reinickendorf, auf die ein Brandanschlag verübt wurde.

Foto: Paul Zinken

Die Serie von Angriffen auf türkische Einrichtungen in Deutschland reißt nicht ab. In der Nacht zum Montag schleuderten Unbekannte im münsterländischen Ahlen mehrere Brandsätze gegen ein Kulturzentrum.

Die Polizei schloss einen politischen Hintergrund nicht aus. Die türkische Regierung forderte Aufklärung. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft teilte in einer gemeinsamen Erklärung mit den Polizeibehörden mit, sie fahnde nach dem Brandanschlag auf eine Moschee in Lauffen am Neckar in der vergangenen Woche nach fünf Tätern, bei denen es sich möglicherweise um kurdische Extremisten handeln könne. "Diese Anschläge gefährden unschuldiges Menschenleben und schaden politisch in erster Linie dem Anliegen der Kurden und gefährden das friedliche Zusammenleben in Deutschland", sagte der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde, Ali Ertan Toprak.

In den vergangenen Tagen hatte es in Deutschland eine Reihe von Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen gegeben, bei denen der Hintergrund nicht eindeutig geklärt ist, aber ein Zusammenhang zur türkischen Militäroffensive gegen Kurden in Nordsyrien für möglich gehalten wird.

Im Internet tauchten Videos der nächtlichen Attacke in Lauffen bei Heilbronn sowie von einem Angriff auf ein Vereinslokal im sauerländischen Meschede auf. Ein Sprecher der Arnsberger Staatsanwaltschaft stufte das Video aus Meschede als vermutlich authentisch ein. Der Anschlag habe den rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfen" gegolten, hieß es auf einer kurdischen Website. Als Verdächtige wurden dort drei Syrer festgenommen. Sie wurden später auf freien Fuß gesetzt. Die Staatsanwaltschaft sah keinen dringenden Tatverdacht.

In Nordrhein-Westfalen wurden sämtliche Polizeieinheiten in erhöhte Bereitschaft versetzt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, es sei damit zu rechnen, "dass sich die seit dem Wochenende zu beobachtende Eskalation in der kurdischen Community weiter fortsetzt". Nach Angaben des Lagezentrums des Landes gab es am Montag bis zum späten Abend keinerlei Zwischenfälle. Auch in anderen deutschen Städten wurde demonstriert, darunter in Berlin, Hamburg und Mainz. Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf.

Der Berliner Integrationsbeauftragte Andreas Germershausen wertete den Anschlag auf eine Moschee im Berliner Bezirk Reinickendorf und ähnliche Attacken als Terror. "Es ist nicht wichtig, welchen politischen Hintergrund die Taten haben. Wer Gotteshäuser anzündet, dem geht es nur um ein Ziel: Angst und Einschüchterung zu verbreiten. Dem geht es darum, eine Bevölkerungsgruppe zu terrorisieren", erklärte Germeshausen. Womöglich stehe der Berliner Angriff in der Nacht zum Sonntag in Zusammenhang mit dem Angriff türkischer Truppen auf das kurdische Afrin in Syrien. "Wer versucht, die Konflikte in den Herkunftsländern vieler Berlinerinnen und Berliner zu instrumentalisieren und hier auszutragen, wendet sich direkt gegen das Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Genau wie die Rassisten", sagte Germershausen.

Die türkische Regierung reagierte. "Wir beobachten mit Sorge, dass Angriffe auf türkische Moscheen in Deutschland durch rassistische und anti-islamische Gruppen sowie die Terrororganisation PKK zuletzt zugenommen haben", teilte das Außenministerium in Ankara mit. "Wir erwarten von den deutschen Behörden, dass sie die Verantwortlichen für diese Angriffe sobald wie möglich aufspüren und bestrafen und dass sie alle Maßnahmen ergreifen, damit keine ähnlichen Angriffe stattfinden."

Die Ditib-Moscheen waren zuletzt wegen ihrer engen Beziehungen zur türkischen Regierung in die Kritik geraten. Kurdische Gruppen hatten den Gemeinden vorgeworfen, sie betrieben in den Gotteshäusern "Kriegspropaganda".

In der Region Afrin geht die türkische Armee seit dem 20. Januar mit einer Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG vor. Die Türkei stuft die YPG wegen ihrer Verbindungen zur PKK als Terrororganisation ein.

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