Eilantrag abgelehnt Weg frei für Abschiebung von terrorverdächtigem Tunesier

Wiesbaden/Karlsruhe/Straßburg · Das ging schnell: Nach nicht einmal einem Tag Prüfung lehnt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einen Eilantrag des Terrorverdächtigen Haikel S. ab. Der hatte sich davon erhofft, seine Abschiebung nach Tunesien in letzter Sekunde stoppen zu können.

 Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei Frankfurt sichern einen Gerichtstermin des Terrorverdächtigen Haikel S. am Gericht in Frankfurt am Main.

Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei Frankfurt sichern einen Gerichtstermin des Terrorverdächtigen Haikel S. am Gericht in Frankfurt am Main.

Foto: Boris Roessler/Archiv

Der Weg für die Abschiebung des terrorverdächtigen Tunesiers Haikel S. aus Hessen ist frei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt sich der Ausweisung nicht entgegen, wie eine Sprecherin am Montagabend mitteilte.

Das Straßburger Gericht habe den Antrag des Mannes auf eine sogenannte vorläufige Maßnahme abgelehnt. Das bedeutet, dass die Richter aus Straßburg Deutschland nicht dazu auffordern, mit der Abschiebung nach Tunesien weiter zu warten.

Zuvor hatte bereits das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde des inhaftierten Mannes abgelehnt. Die Abschiebung eines Gefährders in ein Zielland, in dem ihm die Verhängung der Todesstrafe droht, verstoße nicht gegen das Grundgesetz, wenn eine Vollstreckung der Todesstrafe ausgeschlossen sei, hieß es in dem Beschluss aus Karlsruhe (2 BvR 632/18).

Vor dem Bundesverfassungsgericht hatten schon die höchsten deutschen Verwaltungsrichter den Eilantrag des Mannes gegen seine Abschiebung abgelehnt. Das Leipziger Gericht verwies dabei auf ein seit Jahren bestehendes Moratorium in Tunesien, nach dem eine drohende Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern in eine lebenslange oder zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe umgewandelt wird.

Wann der als Gefährder eingestufte Terrorverdächtige Deutschland verlässt, war zunächst unklar. Nach Angaben des hessischen Innenministeriums soll die Rückführung nun "zeitnah erfolgen".

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach von einem "Präzendezfall für deutsche Gerichte", der "hoffentlich in Zukunft auch die Verfahrensdauer deutlich senken" werde. Ein 15-monatiges Verfahren stelle für alle Beteiligten eine erhebliche Belastung dar, die zukünftig begrenzt werden müsse.

Hessen versucht schon länger, den Terrorverdächtigen nach Tunesien abzuschieben. Die Ermittlungsbehörden werfen ihm vor, für die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) einen Anschlag in Deutschland vorbereitet zu haben. Auch in seinem Heimatland steht er unter Terrorverdacht, er soll unter anderem an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis mit mehreren Toten im März 2015 beteiligt gewesen sein.

Der Mann war im Februar 2017 bei einer Anti-Terror-Razzia festgenommen worden und wehrte sich bislang erfolgreich dagegen, Deutschland verlassen zu müssen. Haikel S. sitzt derzeit in Hessen in Abschiebehaft. Die vom Amtsgericht Frankfurt verhängte Frist läuft noch bis zum 25. Mai.

Kanzlerin Angela Merkel und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) begrüßten die Entscheidung aus Karlsruhe. Die Richter machten deutlich, "in welchen Fällen die Möglichkeit der Rückführung in ein anderes Land - in diesem Fall Tunesien - besteht", sagte Merkel nach einem Spitzentreffen der Unionsfraktionschefs in Frankfurt. "Es ist ein Urteil, dass uns Klarheit gibt und auch die Durchsetzung von Rechten möglich macht."

Bouffier nannte es "bedauerlich", wenn Verfahren immer und immer mehr in die Länge gezogen werden, obwohl man bei Würdigung aller Umstände eingestehen müsse, dass am Ende die Entscheidungen Bestand haben werden.

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