Bewerbung um Parteivorsitz Was Norbert Röttgens Alleingang für die CDU bedeutet

Berlin · Die CDU ist am Dienstagmorgen kalt erwischt worden von der Ankündigung des Außenpolitikers Norbert Röttgen, sich um den Parteivorsitz zu bewerben. Der neue Kandidat zeigt einmal mehr, dass in der Union zurzeit das Prinzip Hühnerhaufen gilt.

 Norbert Röttgen sitzt bei einer Pressekonferenz in Berlin. Der Politiker hat angekündigt, für den Posten des CDU-Bundesvorsitzenden kandidieren zu wollen.

Norbert Röttgen sitzt bei einer Pressekonferenz in Berlin. Der Politiker hat angekündigt, für den Posten des CDU-Bundesvorsitzenden kandidieren zu wollen.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Die CDU steuert in der Frage, wer die Partei und möglicherweise auch Deutschland als Kanzler in die Zukunft führt, auf eine neue Kampfkandidatur zu. Mit der überraschenden Ankündigung von Norbert Röttgen, sich um den Parteivorsitz zu bewerben, hat sich im bisher so mühsam unter der Decke gehaltene Konflikt um die Macht das Ventil gelöst. Das Rennen ist offen. Auch wenn sich die anderen drei nicht offiziell erklärt haben, stehen nun vier katholische Männer aus dem Westen bereit, die Protestantin aus dem Osten zu beerben: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Gesundheitsminister Jens Spahn, der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz sowie der Außenpolitiker und ehemalige Umweltminister Norbert Röttgen.

Für die Union steigt mit der neuen Kandidatur das Risiko, sich zu zerlegen und das Schicksal der SPD zu erleiden. Durch eine neue Kampfkandidatur um die Führung drohen die Gräben in der Partei noch tiefer zu werden.

Zugleich ist es auch nicht überraschend, dass um das Erbe Merkel hart, kontrovers und in einem großen Bewerberfeld gekämpft wird. Es geht um nicht weniger als um die Zukunft der größten Wirtschaftsnation Europas. Wer Kanzler von Deutschland sein will, braucht viele Fähigkeiten - Durchsetzungsstärke ist eine Wesentliche.

Armin Laschet bringt die Kandidatur Röttgens in Schwierigkeiten. Sein Ziel war es, die Machtfrage in der CDU ohne Kampfkandidatur zu lösen - am liebsten mit ihm als liberalem Kanzlerkandidat der Mitte sowie Spahn und Merz als rechten Flügelmänner. Das scheint nun kaum noch möglich. Mit Röttgen ist ein weiterer Mann der Mitte hinzugekommen. Verlöre Laschet eine Kampfkandidatur, wäre er auch in NRW angezählt. Röttgens Kandidatur zeigt zugleich, dass Laschet seinen Landesverband nicht im Griff hat. Ihm ist es zwar gelungen, die Macht an Rhein und Ruhr zu erobern, aber die alten Gräben konnte er nicht zuschütten, er konnte sich auch nicht mit den alten Konkurrenten versöhnen.

Röttgen ist ein respektabler Kandidat für den Parteivorsitz. Er ist ein guter Analytiker, rhetorisch stark, verfügt über viel politische Erfahrung und hat nach seiner herben Niederlage im NRW-Wahlkampf 2012 und der daraus folgenden Entlassung als Umweltminister ein beachtliches Comeback als Außenpolitiker hingelegt.

Bei seiner Vorstellung am Dienstag in Berlin mahnte er wortgewaltig den Zusammenhalt Deutschlands an. Allerdings kann nur eine Union, die zusammenhält, auch das Land zusammenhalten. Das haben die Aspiranten auf Merkels Erbe offensichtlich noch nicht ausreichend im Blick.

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