Geteilte Meinungen Warnung vor Stellenabbau bei Kohleausstieg

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz warnt mit Blick auf den Kohleausstieg vor einem erheblichen Stellenabbau. Andere Experten sehen die Entwicklung weniger dramatisch.

 RWE-Chef Rolf Martin Schmitz. Foto: dpa

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Von tiefen Einschnitten für die Branche hat RWE-Chef Rolf Martin Schmitz mit Blick auf den Kohleausstieg gesprochen. Wie viele Arbeitsplätze es treffen könnte, bezifferte der RWE-Konzern allerdings noch nicht. Schmitz sagte aber in einem Interview mit dieser Zeitung, es werde einen „signifikanten“ Abbau von Arbeitsplätzen bereits bis 2023 geben. Unmittelbar betreffe das bis Ende 2022 die Mitarbeiter der zu schließenden Kraftwerke. Mittelbar seien darüber hinaus dann auch Beschäftigte in den verschiedenen Braunkohle-Tagebauen betroffen. Der Stellenabbau solle in jedem Fall aber sozialverträglich ablaufen.

Eine Studie des Öko-Institutes in Freiburg hat dagegen ergeben, dass der Kohleausstieg weniger Auswirkungen auf Arbeitsplätze hat, als viele befürchten. Denn der Strukturwandel verlaufe entlang der natürlichen Altersgrenze vieler in der Branche arbeitender Beschäftigten.

Mit anderen Worten: Bis zum Ausstiegsdatum gehen viele der Beschäftigten ohnehin in Rente, bis 2030 soll das nach diesen Berechnungen für zwei Drittel aller im Kohleabbau Beschäftigten gelten. Die Studie wurde bereits vor wenigen Monaten veröffentlicht. An den grundlegenden Erkenntnissen habe sich seither aber wenig verändert. „Der Kohleausstieg, wie ihn die Kohlekommission nun vorsieht, wird sich natürlich auf Arbeitsplätze auswirken“, sagte Hauke Hermann vom Öko-Institut. „Aber weniger stark, als befürchtet. Insgesamt halte ich die vorgeschlagenen Lösungen der Kohlekommission für sehr ausgewogen“.

Ein Drittel der Kraftwerke macht dicht

Rund 20 000 Menschen arbeiten noch in der Branche. In den kommenden Jahren sollen rund ein Drittel der existierenden Kraftwerke dicht machen. Wie viele Arbeitsplätze dadurch wegfallen, ist noch unklar; genauso, welche Kraftwerke es als erstes treffen könnte. Der Kohleausstieg trifft zwar in erster Linie Energieversorger wie RWE oder Uniper. Allerdings gibt es auch andere Firmen, die im Kohlebergbau tätig sind: Etwa einige Stadtwerke oder auch die Zuckerproduzenten Süd- und Nordzucker.

Der Ausstiegsfahrplan der Kohlekommission sieht vor, dass Kraftwerkskapazitäten ab 2022 bis 2038 stetig abgebaut werden. Der Bund wird die Folgen des Strukturwandels in den betroffenen Regionen mit 40 Milliarden Euro abmildern helfen. Insofern zahlen also auch die Verbraucher für den Kohleausstieg – als Steuerzahler.

Bereits nach Veröffentlichung des Berichtes hatte es Kritik von verschiedenen Seiten gegeben. So sehen Konzerne wie RWE die Ausstiegspläne in ihrem zeitlichen Rahmen als zu ambitioniert – zumal Deutschland bis 2023 aus der Kernenergie aussteige. Allerdings könnte die Ankündigung von Stellenabbau und „tiefen Einschnitten“ seitens RWE auch taktische Gründe haben.

Konzerne bringen sich in Stellung

„RWE hatte schon einen entsprechenden Personalabbauplan. Wenn nun gesellschaftlicher Konsens ist, dass der Ausstieg früher kommen soll, wird es dafür einen finanziellen Ausgleich geben“, erklärt Branchenanalyst Thomas Deser. Er arbeitet bei Union Investment. „Und da ist es sicher nicht schädlich für RWE, die Probleme in ihrer ganzen mutmaßlichen Pracht darzustellen, um einen entsprechenden finanziellen Ausgleich zu bekommen.“ So gesehen bringen sich die Konzerne nun also in Stellung, um möglichst viel bei möglichen Entschädigungszahlungen herausholen zu können.

Umweltschützer kritisieren auf der anderen Seite, dass die Pläne für den Kohleausstieg nicht hinreichend seien, um das Klima wirkungsvoll und schnell genug zu entlasten. Rechtlich bindend übrigens ist der Fahrplan der Kohlekommission nicht, er stellt nur eine Empfehlung dar. Nun muss die Bundesregierung den Vorschlag prüfen um dann zu schauen, wie man ihn in Gesetzesform gießen kann.

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