Air-Berlin-Pleite Warnung vor schwindendem Rückhalt für Bonn

Bonn · Der Berliner Abgeordnete Kai Wegner fordert wegen Air-Berlin-Pleite Komplettumzug der Regierung. Die Parlamentarier aus der Region sind verärgert.

20.700 Mal reisten Bundesministeriale im Jahr 2015 zwischen Bonn und Berlin hin und her. Diese Zahl war das Ergebnis einer Untersuchung über die Aufteilung der Ministerien auf Bonn und Berlin, die Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) im Vorjahr vorlegte. Einen nicht unbeträchtlichen Teil der Reisen wickelte Air Berlin ab.

Die Pleite der Airline nimmt der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner zum Anlass, die Aufteilung der Ministerien zwischen Bonn und Berlin in Frage zu stellen und einen Komplettumzug der Regierung zu fordern. „Nach der Pleite von Air Berlin kostet der doppelte Regierungssitz noch mal mehr Geld, Zeit und Mühe“, sagt Wegner. „Videokonferenzen sind schön und gut, können aber den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.“ Für den Komplettumzug aller Bundesministerien nach Berlin brauche es in einem neuen Koalitionsvertrag „ein Bekenntnis und einen klaren Fahrplan“, verlangt der CDU-Politiker – nicht außergewöhnlich, schließlich liegt sein Wahlbezirk in den alten Westberliner Bezirken Spandau und Charlottenburg, zudem ist er Sprecher der Berliner CDU-Gruppe im Bundestag.

Die parteiübergreifende Reaktion der Abgeordneten aus der Region Bonn/Rhein-Sieg ist allerdings deutlich. Von einer „absurden Forderung“ spricht die Bonner Grüne Katja Dörner, und der Rhein-Sieg-Abgeordnete Sebastian Hartmann (SPD) nennt Wegners Vorstoß, die Air-Berlin-Pleite als Anlass für eine neue Runde in der Bonn-Berlin-Diskussion zu nehmen, einen „ungehörigen Vorgang“. Sein Bonner Parteifreund Ulrich Kelber meint, Wegner verfüge über „wenig Fachkenntnis“ in der Hauptstadtfrage. „Ich nehme ihn als Berliner Abgeordneten da nicht ganz ernst“, so Kelber.

Dass die Debatte um die Ministerien für Bonn damit nicht erledigt ist, befürchtet Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU). „In jeder neuen Legislaturperiode gibt es weniger Kolleginnen und Kollegen, die die Diskussion zur Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin mitbekommen haben“, meint die Rhein-Sieg-Abgeordnete. Auf die Abgeordneten der Region sieht Winkelmeier-Becker Überzeugungsarbeit zugunsten Bonns zukommen. Auch der Linke Alexander Neu (Rhein-Sieg-Kreis) warnt vor nachlassendem Rückhalt für Bonn: „Mit jeder neuen Politiker-Generation schwindet und verblasst die Erinnerung an Bonn und somit das Gefühl der Vertragstreue zum Bonn-Berlin-Gesetz.“

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