Bundesrechnungshof in Bonn Verträge bis ins Jahr 9999

Berlin · Der Bundesrechnungshof mit Sitz in Bonn rügt nach einer neuer Prüfung eine Vergeudung von Steuergeldern.

 Überladene Lastwagen führen zu einem vorzeitigen Verschleiß der Bundesfernstraßen, stellt der Bundesrechnungshof fest. Teure Reparaturen sind die Folge.

Überladene Lastwagen führen zu einem vorzeitigen Verschleiß der Bundesfernstraßen, stellt der Bundesrechnungshof fest. Teure Reparaturen sind die Folge.

Foto: dpa

Alexander Dobrindt ist Herr über 13.000 Kilometer Bundesautobahnen und 40.000 Kilometer Bundesstraßen. Der Bundesverkehrsminister, der auch Minister für den Ausbau der digitalen Infrastruktur ist, eröffnet gerne Teststrecken für das Autofahren der Zukunft: im selbstfahrenden, weil computerintelligent gesteuerten Automobil.

Doch nach jüngsten weiteren Prüfungsergebnissen des Bundesrechnungshofes (BRH), die dessen „Bemerkungen 2015“ ergänzen, hat CSU-Politiker Dobrindt noch eine ganz andere Baustelle. Danach versäumt es das Bundesverkehrsministerium seit mehr als zehn Jahren, eine wirkungsvolle Überladungskontrolle bei schweren Lkw sicherzustellen.

So stellte die Bundesanstalt für Straßenwesen bereits 2003 fest, dass die jährlichen Kosten für den Erhalt der Bundesfernstraßen erheblich gesenkt werden könnten, wenn konsequent kontrolliert würde, ob Lkw überladen sind. Doch derzeit sind lediglich 41 von geplanten 80 Achslast-Messstellen realisiert, die zudem sehr störanfällig sind, wie der Bundesrechnungshof jetzt mitteilte.

Die Bundesbehörde mit Sitz in Bonn erwartet, dass das Netz unverzüglich ausgebaut wird. So bleibe bislang ein jährliches Einsparpotenzial in dreistelliger Millionenhöhe ungenutzt. BRH-Präsident Kay Scheller: „Gerade vor dem Hintergrund des schlechten Zustandes vieler Bundesfernstraßen wäre eine wirksame Gewichtskontrolle schwerer Lkw wichtig. Jeder muss damit rechnen, dass Überladen aufgedeckt wird.“

Auch die Bundeswehr ist nach diesen weiteren Prüfungsergebnissen wieder unnötiger Kostentreiber beim Umgang mit Steuergeld. So kaufte die Marine 2005 als Hauptbewaffnung ihrer Korvetten 30 Lenkflugkörper. Die Raketen sollten 2009 einsatzbereit sein, wurden aber erst drei Jahre später geliefert. 2013 schlug dann der Test, ob die Flugkörper überhaupt einsatzfähig sind, fehl. Zwei Raketen stürzten ins Meer.

Diese Einsatzprüfung musste nach den Erkenntnissen der Rechnungsprüfer 2015 wiederholt werden. Kosten: mehrere Millionen Euro. Der Rechnungshof kritisierte unter anderem den Kaufvertrag, weil dieser der Bundeswehr keine Handhabe ließ, den Hersteller an den Kosten zu beteiligen. BRH-Präsident Scheller: „Die Bundeswehr muss ihre Rüstungsverträge besser aushandeln. Risiken und Folgekosten dürfen nicht einseitig zu Lasten des Bundes gehen.“ Künftig sollten Verträge so gestaltet werden, dass Risiken angemessen berücksichtigt und Folgekosten nach den Verursacherprinzip verteilt würden.

Auch vergeudet die Truppe erhebliche Summen, weil sie ihr IT-System beim Einkauf nicht konsequent nutze, bemängeln die Prüfer. 2013 kaufte die Bundeswehr Waren und Dienstleistungen für 4,5 Milliarden Euro. Allerdings bestellten die Logistiker nur 16 Prozent ihrer eingekauften Waren und Dienstleistungen über das das IT-System. Relevante Daten wie Preis, Menge oder Vertragslaufzeit seien gar nicht, fehlerhaft oder überflüssig im System hinterlegt. Für ein Unternehmen legte die Bundeswehr gleich 16 Datensätze an. Bei über der Hälfte der erfassten Rahmenverträge ist das Jahr 9999 als Laufzeitende angegeben.

Und auch im Kampf gegen Korruption haben die Rechnungsprüfer Mängel aufgezeigt. So fehle es ausgerechnet in jenen Referaten des Bundesjustizministeriums an einer wirksamen Korruptionsprävention, die mit der Ausarbeitung von Gesetzen befasst seien.

Das Ministerium selbst war laut BRH der Auffassung, dass alle Arbeitsgebiete der Gesetzgebungsreferate „offensichtlich nicht besonders korruptionsgefährdet“ seien. Begründung: Die Referate beeinflussten zwar den Inhalt von Gesetze, die förmliche Entscheidung treffe aber der Bundestag als Gesetzgeber. Dem widersprach der BRH und verlangte Gesetzgebungsreferate auf Korruptionsgefahren hin zu untersuchen.

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