Keine Festlegung auf Zeitraum Verfassungsschutz braucht Zeit für den "Prüffall AfD"

Berlin · Die Einstufung einer Partei als "Prüffall" für den Verfassungsschutz kann eine Vorstufe für eine noch intensivere Beschäftigung des Inlandsgeheimdienstes mit dieser Partei sein. Ein Automatismus ist das aber nicht.

 Alexander Gauland und Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, geben bei der Fraktionssitzung ihrer Partei ein Statement ab.

Alexander Gauland und Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, geben bei der Fraktionssitzung ihrer Partei ein Statement ab.

Foto: Wolfgang Kumm

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) will sich noch nicht festlegen, wie lange sie die AfD als "Prüffall" behandeln wird.

BfV-Präsident Thomas Haldenwang sagte am Mittwoch in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages nach Angaben von Teilnehmern, aus heutiger Sicht erschienen ihm zwei Jahre angemessen, man könne aber auch schneller zu einer neuen Einschätzung gelangen. Ein konkretes Datum wollte er demnach nicht nennen, da dies von der Entwicklung der AfD abhänge.

Im Gegensatz zur Gesamtpartei werden der rechtsnationale "Flügel" in der AfD und die Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" vom Verfassungsschutz inzwischen als sogenannter Verdachtsfall eingestuft.

Anders als beim Prüffall ist bei einem Verdachtsfall Voraussetzung, dass "gewichtige Anhaltspunkte" dafür vorliegen, dass es sich um eine "extremistische Bestrebung" handelt. Hier ist auch die Speicherung personenbezogener Daten erlaubt. Gründer des "Flügels" ist der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke. Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland nahm schon mehrfach an Veranstaltungen der Interessengemeinschaft teil.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier zählt wie Gauland zu den Erstunterzeichnern der "Erfurter Resolution" des "Flügels" vom März 2015. Darin heißt es, die Unterzeichner "sehen im vollen Einsatz der AfD für eine grundsätzliche politische Wende in Deutschland die eigentliche Daseinsberechtigung ihrer Partei".

Frohnmaier sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Die Erfurter Resolution wurde damals als Kritik gegen (den damaligen Parteichef) Bernd Lucke entwickelt. Mit dem Führungswechsel ist der Zweck erfüllt gewesen." Er selbst fühle sich heute weder dem Flügel noch einer anderen Interessengemeinschaft innerhalb der Partei zugehörig. "Ich bin in erster Linie AfD-Mitglied", betonte der Abgeordnete. Frohnmaier hatte früher für die inzwischen aus der Partei ausgetretene AfD-Vorsitzende Frauke Petry und für die heutige Fraktionschefin Alice Weidel gearbeitet.

Petry und Weidel gehörten im Februar 2017 zu den Bundesvorstandsmitgliedern, die für einen Rauswurf von Höcke aus der Partei plädierten. Das Landesschiedsgericht der Thüringer AfD hat seinen Ausschluss aus der Partei inzwischen abgelehnt. Der neue Parteivorstand verzichtete darauf, das Urteil vom Bundesschiedsgericht überprüfen zu lassen.

Das BfV hatte die Verfassungsschutzbehörden der Länder im Januar 2018 aufgefordert, Material zusammenzutragen, um auf dieser Grundlage über eine mögliche Beobachtung der AfD zu entscheiden. Damals wurde die Behörde noch von Hans-Georg Maaßen geleitet, den Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) später in den einstweiligen Ruhestand schickte. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hatte einen Zusammenhang zwischen Maaßens Abgang und der Prüfung ihrer Partei hergestellt. Nach ihren Worten musste der frühere Chef des Verfassungsschutzes "aus dem Weg, um einen "Prüffall AfD" konstruieren zu können".

"Man braucht keinen Geheimdienst, um festzustellen, dass die AfD ein schweres Problem mit unserem Grundgesetz hat", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Paul Hampel sagte: "Die aktuelle Debatte über "Was darf man eigentlich nicht sagen?" findet ihren Höhepunkt im Umgang mit der AfD durch den Verfassungsschutz."

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