Diskussion über Islam und Frauenbild Und immer wieder das Kopftuch

Bonn · Bei der Bonner Akademie für Forschung und Lehre Praktischer Politik (BAPP) wird über Integrationserfahrungen muslimischer Mädchen und Frauen diskutiert. Doch die Debatte dreht sich nur um ein Thema: Kopftuch und Verschleierung

Es hätte ein spannender Abend werden können. „Muslimisch – weiblich – deutsch? Integrationserfahrungen muslimischer Mädchen und Frauen“ lautete das Thema der Diskussion, zu der die Bonner Akademie für Forschung und Lehre Praktischer Politik (BAPP) in Zusammenarbeit mit der Brost-Stiftung gestern Abend eingeladen hatte. Was ist Vorurteil, was Missverständnis, und wo liegen die Grenzen der Integration? Doch junge muslimische Frauen, die vielleicht am ehesten einen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Musliminnen in Deutschland hätten geben können, waren nicht auf dem Podium – wenn man von Lamya Kaddor, Islamwissenschaftlerin und Religionspädagogin, absieht. Und so drehte sich die Diskussion schnell vor allem um das Thema, das die Debatte in Deutschland seit Jahren befeuert: Kopftuch und Verschleierung.

Ist die Verhüllung Sinnbild der Unterdrückung der Frau? Oder finden sich hinter Kopftuch und Schleier durchaus auch moderne, selbstständige Musliminnen? Mit Kaddor diskutierten die Feministin Alice Schwarzer, der Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, Claudius Seidl, und Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands. Seidl plädierte für einen unaufgeregten Umgang mit dem Thema. In Deutschland werde das immer nur als Pflicht verstanden, nicht auch als Recht. „Jede Gesellschaft braucht auch Desintegrierte, Menschen, die sich abheben“, sagte er. Entscheidend sei, dass gleiche Rechte und gleiche Pflichten für alle gelten. Mit diesem Satz konnten sich alle auf dem Panel anfreunden.

Toprak warnte vor „falscher Toleranz“: Eine Gesellschaft religiöser Vielfalt brauche gemeinsame Basiswerte, die man offensiv verteidigen müsse. Für Schwarzer ist die Verschleierung, die Haar und Körper völlig bedeckt, ein Instrument des politischen Islam. „Das Kopftuch ist eben nicht nur ein Stückchen Stoff“, auch wenn die subjektiven Motive, es zu tragen, unterschiedlich sein könnten.

Kaddor kritisierte, es sei unredlich, kopftuchtragenden Frauen zu unterstellen, sie seien islamistisch. „Es gibt viele individuelle Gründe.“ Man sollte lieber darüber diskutieren, wie man diejenigen unterstütze, die sich für einen modern Islam einsetzen. „Denn die gibt es auch.“

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