Porträt über den GSG9-Gründer Ulrich Wegener: Ein Held, der keiner sein will

Bonn · Ulrich Wegener gründete die GSG 9. Sein Leben im Kampf gegen den Terrorismus schildert er jetzt in seinen Memoiren. Ein Porträt.

Der „Held von Mogadischu“ trug nicht einmal eine Schutzweste, als er auf dem Flughafen der somalischen Hauptstadt mit einem Handzeichen die „Operation Feuerzauber“ startete. Um fünf Minuten nach Mitternacht stürmte Ulrich Wegener mit seinen Männern der GSG 9 die von palästinensischen Terroristen gekaperte Lufthansa-Maschine „Landshut“. Sieben Minuten später waren alle 86 Geiseln gerettet. Und Wegener erhielt mit dieser Aktion am frühen Morgen des 18. Oktober 1977, auf dem Höhepunkt des „Deutschen Herbstes“, Legendenstatus. „Nach der Aktion waren wir weltberühmt“, sagt der heute 87-Jährige. An diesem Dienstag ab 19.30 Uhr stellt der Gründer der Spezialeinheit im Bonner Haus der Geschichte seine um Zeitzeugenaussagen ergänzten Memoiren „Ulrich Wegener. GSG 9 – Stärker als der Terror“ vor. Seine Lebensgeschichte enthalte jedoch „weitaus mehr als den Einsatz der GSG 9 in Mogadischu“, betont er darin.

Wegener stammt aus einer Familie im brandenburgischen Jüterbog, die ganz in der Militärtradition Preußens verhaftet war. Der Vater, ein Offizier in der Reichswehr, war sein großes Vorbild. In der DDR kam sein Berufswunsch Soldat für ihn aber nicht mehr infrage. Wegener verteilte Flugblätter gegen die Regierung und wurde mit 18 Monaten Zuchthaus bestraft. „Ich hatte Glück“, schreibt er. „Obwohl ich fast verhungerte und schwer erkrankte, überlebte ich.“ Nach seiner Entlassung flüchtete er mit der S-Bahn nach West-Berlin und konnte nun endlich eine Laufbahn einschlagen, die seinen Vorstellungen entsprach.

Er ging zunächst zur Bereitschaftspolizei in Biberach, später zum Bundesgrenzschutz. In seine Zeit als Verbindungsoffizier im Büro von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher fällt das „traumatischste Ereignis seiner Laufbahn“ – Olympia 1972 in München. Israelische Sportler wurden als Geiseln genommen, die Befreiung scheiterte, 17 Menschen starben. „Wir brauchen eine Anti-Terror-Spezialeinheit, die in Zukunft mit solchen Situationen fertig wird“, forderte Wegener danach von Genscher. Der stimmte zu – die GSG 9 mit Standort Sankt Augustin entstand.

Belastungen für das Familienleben

Wegener legte nach Lehrgängen in Israel zwei Grundsätze für die neue Einheit fest: Sie sollte unkonventionell sein und im Einsatz sollte es eine „Führung von vorne“ geben. „Dieses System, das wir damals festlegten, ist heute noch Vorbild in der ganzen Welt“, ist Wegener überzeugt. Ziel der Einheit: mit jeder Form von Terrorismus fertig zu werden und Menschenleben zu retten. Als es zur Entführung der „Landshut“ kam, hatte die GSG 9 schon unzählige Übungseinheiten an Flugzeugen hinter sich – auch der „Landshut“ selbst.

In seinem Buch berichtet der GSG-9-Gründer auch davon, mit welchen Belastungen das Leben für seine Frau Regina und die beiden Töchter Simone und Susanne verbunden war. Einmal wurde eine Tasche mit Sprengstoff vor der Haustür der Familie deponiert. Die zog danach von Troisdorf nach Windhagen im Westerwald, jeder der vier bekam Personenschutz.

Der Terrorismusbekämpfung widmete sich Wegener auch, als er 1981 Kommandeur des Grenzschutzkommandos West wurde, zum Generalmajor aufstieg und später eine Spezialeinheit in Saudi-Arabien aufbaute. Nach seiner Pensionierung 1990 reiste er als Sicherheitsberater um die Welt.

Wegener selbst mag den Begriff vom Helden übrigens nicht. Er spricht von Wertvorstellungen wie Führung, Bescheidenheit, Kameradschaft und Pflichterfüllung, die ihn geprägt hätten. „Die GSG 9 lebt eher nach dem Begriff des Vorbildes als dem des Heldentums.“

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