Putins wichtigster Lobbyist im Visier Ukraine fordert Sanktionen gegen Alt-Kanzler Schröder

Berlin · Die Ukraine erwägt Sanktionen gegen den Alt-Kanzler Gerhard Schröder, der auch als wichtigster Lobbyist von seinem Duz-Freund dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt. Ein Porträt.

In knapp drei Wochen bekommt Gerhard Schröder wieder Post aus Moskau. Der Inhalt: Glückwünsche und vermutlich auch ein paar Geschenke. Wenn der frühere Bundeskanzler am 7. April 74 Jahre alt wird, werden Freunde und Geschäftspartner aus Russland dem früheren deutschen Regierungschef, der das Wort „Alt-Kanzler“ auch im Alter nicht mag, mit der gebotenen Dankbarkeit würdigen. Vor allem sein Duz-Freund Wladimir Putin, soeben mit einer satten Drei-Viertel-Mehrheit für weitere sechs Jahre zum mächtigen Mann im Kreml bestimmt, wird Schröder zu dessen neuem Lebensjahr beste Wünsche (und vielleicht noch etwas mehr) mitschicken.

Denn: Was gut ist für Schröder, ist auf einem bestimmten Gebiet auch gut für Putin. Schröder ist Putins Front-Lobbyist, wenn es darum geht, die umstrittene Gaspipeline Nord Stream, nach vorne zu bringen. Erst half Schröder bei Nord Stream 1, jetzt soll Nord Stream 2 umgesetzt werden. Gegner des Projektes befürchten damit eine erhöhte Abhängigkeit der EU von russischem Gas.

Nur wenige Monate, nachdem Schröder nach der knapp verlorenen Bundestagswahl 2005 das Kanzleramt verlassen hatte, wechselte er in den Aufsichtsrat des Pipeline-Betreibers Nord Stream mit Sitz in Zug in der Schweiz. Nord Stream 2 gehört dem russischen Energiekonzern Gazprom. Diesem Wechsel auf die Seite von Gas und Geld hängt bis heute ein Beigeschmack an, schließlich hatte Schröder noch kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt Putins Gaspipeline abgesegnet.

Bei Freunden und Gegnern heißt er "Gas Gerd"

Ein Vorgriff auf seine spätere Rolle als „Gas-Gerd“, wie ihn Freunde und Gegner inzwischen frotzelnd nennen? In Nord Stream sehen besonders die baltischen Staaten und Polen ein Druckmittel für Putin, weil sie fürchten, damit wachse die Abhängigkeit Europas und somit auch ihre eigene von russischem Gas. Putin könnte eines Tages, wie 2005 im Gasstreit mit der Ukraine, auch ihnen den Gashahn zudrehen. Auch wegen dieser polnischen Ängste war Nord Stream 2 Thema beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Warschau.

Dass Schröder, seit vergangenem Herbst auch Aufsichtsratschef des halbstaatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, bislang nicht mit Sanktionen belegt wird, will unter anderem der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin nicht verstehen. Die EU hält als Folge der Krim-Annektion bis heute Sanktionen gegen Russland aufrecht. Klimkin: „Gerhard Schröder ist für Putin weltweit der wichtigste Lobbyist. Es sollte deshalb geprüft werden, wie die EU hier handeln kann.“

Auch das renommierte „Wall Street Journal“ fragt, warum nicht auch gegen Schröder Sanktionen möglich seien? Schließlich stünden Topmanager von Gazprom und Rosneft auf einer Sanktionsliste des US-Finanzministeriums. Grünen-Politiker Cem Özdemir forderte die SPD unterdessen auf, diese solle klar machen, dass Schröder nicht mehr für die Partei spreche. Özdemir in der „Bild“-Zeitung: „Wer Schröder bucht, muss wissen, dass er ein Putin-Sprachrohr bekommt.“

Als Schröder unlängst vor Freunden andeutete, dass er ein fünftes Mal zu heiraten gedenke, soll er gesagt haben: „Ich bin bald nicht mehr Audi, sondern Olympia.“ Fünf Ringe statt vier. Zuletzt standen für die Olympischen Winterspiele in Südkorea Sportler aus Putins Russland wegen des organisierten Staatsdopings auf der Sanktionsliste des Internationalen Olympischen Komitees. Sportfreund Schröder reiste mit seiner neuen südkoreanischen Lebensgefährtin an – dabei sein ist alles.

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