Nach der Landtagswahl In Thüringen beginnt die Koalitionssuche

Thüringen · In Thüringen, wo die CDU auf Platz 3 hinter einer sehr starken Linkspartei und der AfD gelandet ist, steht Thüringens CDU-Chef Mike Mohring vor der schwierigen Entscheidung, ob und in welcher Form er Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken im Sattel hält.

 Mike Mohring (l), CDU-Chef, steht neben Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, in einem Wahlstudio im Landtag

Mike Mohring (l), CDU-Chef, steht neben Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, in einem Wahlstudio im Landtag

Foto: dpa/Martin Schutt

CDU und Linke – das passt wie Hering mit Himbeersoße. Als die CDU bei ihrem Parteitag im vergangenen Dezember dafür stimmte, dass sie weder mit der AfD noch mit den Linken gemeinsame Sache machen wolle, galt der Beschluss als Brandschutzmauer gegen Feuerchen, die schon in Brandenburg und Sachsen loderten. „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab“, lautet die Formulierung, die eigentlich keinen Interpretationsspielraum lässt.

In Brandenburg hatte der damalige CDU-Chef Ingo Senftleben laut über ein Bündnis mit den Linken nachgedacht. In Sachsen gab es immer wieder Gerüchte über Annäherungen von Union und AfD. In beiden Bundesländern gibt es nun schwarz-rot-grüne Mehrheiten. In Thüringen hingegen, wo die CDU auf Platz 3 hinter einer sehr starken Linkspartei und der AfD gelandet ist, steht Mike Mohring vor der schwierigen Entscheidung, ob und in welcher Form er Ministerpräsident Bodo Ramelow von den Linken im Sattel hält.

Mohring machte am Montag die Tür einen Spalt breit auf. Das Ergebnis sei „eine Zäsur in der deutschen Politik“, sagte er. Die politische Mitte habe erstmals seit 1949/1990 keine Mehrheit. „Damit stehen wir vor einer neuen Situation.“ Daraus ergebe sich aber auch, dass die CDU den Auftrag hat, verantwortlich mit dem Ergebnis umzugehen. Zu dem geplanten Gespräch mit Ramelow erklärte Mohring: „Also gehe ich mit offenem Herzen dahin und hör mir das Gespräch an.“ Er betonte zugleich, er könne sich nicht vorstellen, dass die abgewählte Landesregierung von Rot-Rot-Grün durch die Unterstützung der CDU in eine neue Regierungsverantwortung gehoben werde.

Mohrings Äußerungen wirkten trotz der Einschränkung auf viele Parteifreunde wie ein Stich ins Wespennest. CDU-Vize Julia Klöckner warnte, die CDU werde überflüssig, wenn sie mit der Linkspartei oder der AfD koaliere. „Dann braucht es uns nicht mehr.“ Niedersachsens CDU-Vorsitzender Bernd Althusmann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Eine sozialistische Partei zu tolerieren oder mit ihr womöglich zu koalieren, ist keine ernsthafte Option.“

Für einen Großteil der Unionspolitiker ist die Linkspartei mehr als ein politischer Gegner. Insbesondere die im Westen sozialisierten CDU-Politiker betonen die Rolle der Linken als SED-Nachfolgepartei und sehen in ihr den alten Klassenfeind. Auf eine Reihe westdeutscher Linker treffen solche Beschreibungen zu. Im Osten sind die Linken hingegen eine Volkspartei, die in der Landespolitik Positionen vertritt, die man auch beim linken SPD-Flügel findet.

Dementsprechend ist die Debatte in der Union um die Linkspartei längst eröffnet. Tendenziell läuft sie Ost gegen West. Unterstützung erhielt Mohring aber auch vom Kieler Ministerpräsidenten Daniel Günther, der schon im vergangenen Jahr eine Offenheit seiner Partei auch gegenüber der Linkspartei eingefordert hatte. Auch Senftleben sprach sich für Gespräche der CDU mit den Linken aus.

Die Debatte hat genug Sprengkraft, die CDU in eine Krise zu stürzen. Zumal es die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer war, die noch als Generalsekretärin die Ausschluss-Klausel für den Parteitag vorbereitet hatte und dann als eine ihrer ersten Amtshandlungen als Parteichefin durchsetzte.

Bei der Linkspartei ist eine Zusammenarbeit mit der CDU ebenfalls höchst umstritten. Während Ramelow nun Mohring ein Gesprächsangebot gemacht hat, äußerte er sich im Sommer im Interview mit unserer Zeitung noch ganz anders: „Wir sollten nicht alles für möglich halten und damit den Eindruck verstärken, dass wir alles tun, nur um an der Macht zu bleiben oder an die Macht zu kommen“, sagte er damals auf die Frage, ob ein Bündnis zwischen CDU und Linken ein Tabubruch wäre. Es müsse Unterschiede geben und die Union müsse eine andere Klientel abbilden als die Linken, forderte Ramelow noch im Sommer und warnte davor die Positionen zu „vermanschen“.

Vor dem Hintergrund, dass ein Linker die Nummer eins in der von einem durch die CDU mitgetragenen oder tolerierten Bündnis werden könnte, zeigen die Parteigründer, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine, Offenheit. Beide befürworteten für die Thüringer Landesebene Gespräche ihrer Partei mit der CDU. Es müsse in Thüringen auf Landesebene darüber gesprochen und entschieden werden, „ob trotz gravierend unterschiedlicher gesellschaftspolitischer Vorstellungen genügend gemeinsame landespolitische Ziele für die nächsten fünf Jahre erarbeitet werden können“,  schrieb Gysi in der Zeitschrift „Super Illu“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort