Von der Macht und dem guten Regieren Thomas de Maizière und Ronald Pofalla diskutieren in Bonn

Bonn · Zwischen Transparenz und Intransparenz, Regierungsarbeit und öffentlicher Wahrnehmung: Die drei ehemaligen Kanzleramtsminister Thomas de Maizière, Ronald Pofalla und Bodo Hombach diskutieren bei der Bapp über ihre Arbeit.

 Thomas de Maizière: „Das Kerngeschäft ist unsichtbar“.

Thomas de Maizière: „Das Kerngeschäft ist unsichtbar“.

Foto: Benjamin Westhoff

Als mitten in der Diskussion ein Mitarbeiter herbeieilte, um den Stuhl von Bodo Hombach auszutauschen, konnte Moderatorin Ulrike Demmer diese Pointe einfach nicht liegenlassen. „Hat jemand an Ihrem Stuhl gesägt?“, fragte die stellvertretende Regierungssprecherin unter dem Gelächter der etwa 170 Zuhörer, die am Montagabend in das Bonner Universitätsforum gekommen waren. Nein, er habe das wohl selbst verschuldet, antwortete der Präsident der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (Bapp) schnell, denn er habe das Sitzmöbel von links nach rechts verrückt. Aber die kurze Episode passte einfach gut zu der Diskussion, zu der die Bapp eingeladen hatte: „Macht und Ohnmacht in der Politik – Über Kunst und Risiko guter Regierungsarbeit.“

Von ihren Erfahrungen berichteten dabei drei Männer, die den deutschen Politikbetrieb aus nächster Nähe kennen, denn alle drei arbeiteten sie einst als Kanzleramtsminister in dessen Zentrum – neben SPD-Mann Hombach saßen der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Ronald Pofalla (beide CDU), heute Mitglied des Vorstands der Deutschen Bahn, auf dem Podium. Konkrete Personen standen bei dem Gespräch allerdings nicht im Fokus, es ging eher um die Mechanismen.

De Maizière hat diese in seinem Buch „Regieren“, das Anfang dieses Jahres erschienen ist, beschrieben.  „Das Kerngeschäft ist eigentlich unsichtbar und für die meisten unvorstellbar“, sagte er. Zugleich gebe es hierzulande ein tief sitzendes Misstrauen gegen die Macht an sich. Aber „zu glauben, man könnte irgendwie etwas bewirken ohne Macht, ist naiv“, betonte er. Beides führe zu vielen Missverständnissen über das Regieren.

Man müsse auch Probleme lösen

Wenn man sich frage, was gutes Regieren ausmache, müsse man zehn Punkte beachten, zählte er auf: Hart und diszipliniert arbeiten; klug führen und entscheiden, denn das führe zu Vertrauen, „für Regierende die einzige Währung, die nachhaltig zählt“; schweren Entscheidungen nicht ausweichen; klug verhandeln; Vorsicht vor großen Ankündigungen; das Prozessumfeld gut kennen; Verantwortung übernehmen; Initiative ergreifen; die Substanz für wichtiger als die Inszenierung zu sehen, letztere aber nicht zu vernachlässigen; und Loyalität. Natürlich müsse man auch Probleme lösen – aber ohne dieses Handwerk gehe es nicht.

Wenn man Macht gut einsetze, könne man auch zu guten Ergebnissen kommen, findet Pofalla, und zählte etwa die Westbindung oder das Erreichen der deutschen Einheit auf. Er könne auch nicht verstehen, dass den letzten großen Koalitionen in der Öffentlichkeit Erfolglosigkeit unterstellt werde.

Die drei sprachen über „Machtgrabscher“ und die Gefahr, die von diesen ausgehe, Kompromissfindung in Politik und Familie, über den öffentlichen Eindruck, den Politiker vermitteln, Transparenz und Intransparenz, der politischen Agenda von Regierungsparteien und der Schwierigkeit bei deren Umsetzung.

Wann er sich als Politiker wirklich mächtig gefühlt habe, wollte Demmer von Hombach noch wissen. „Bevor ich das Amt antrat“, antwortete der Chef des Bundeskanzleramtes von Gerhard Schröder 1998.

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