Selbstanzeigen von Steuersündern Teurer und schwieriger

BERLIN · Es ist ein wenig wie beim Sommerschlussverkauf. Die Schnäppchenjäger sind unterwegs - diesmal in Sachen Steuerehrlichkeit.

Anfang nächsten Jahres verschlechtern sich die Konditionen für Steuerhinterzieher, die ihre Sünden gegenüber dem Finanzamt bereinigen wollen. Und das sorgt für eine Sonderkonjunktur bei etwa einem Dutzend Spezialanwälten bundesweit, die sich auf die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gegenüber den Finanzbehörden spezialisiert haben.

In diesem Jahr sollen bereits mehr als 35 000 Steuerpflichtige eine Selbstanzeige erstattet haben, so viele wie nie zuvor. 2013 waren es bundesweit knapp 25 000. Dies berichtet die "Welt am Sonntag", die eine Umfrage bei den 16 Finanzministerien der Länder durchgeführt hat. Am meisten Selbstanzeigen hagelt es traditionell im Südwesten, wo sich bis Anfang Dezember schon 8583 Steuersünder selbst angezeigt haben. Das Finanzministerium in Stuttgart schätze die Mehreinnahmen dadurch in diesem Jahr auf rund 497 Millionen Euro. Auf Platz zwei folgt Nordrhein-Westfalen mit 7117 Selbstanzeigen bis Anfang Dezember und geschätzten Mehreinnahmen von rund 365 Millionen Euro.

Anfang Januar wird es teurer, wenn sich Steuersünder ehrlich machen wollen. Dann sinkt die Grenze, bis zu der Steuerhinterziehung ohne Zuschlag bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, von 50 000 auf 25 000 Euro. Bei höheren Beträgen wird bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von zehn Prozent von einer Strafverfolgung abgesehen. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 Euro werden 15 Prozent Strafzuschlag fällig, ab einer Million Euro 20 Prozent. Bisher wird ein Zuschlag von fünf Prozent berechnet. Zudem müssen neben dem hinterzogenen Betrag in Zukunft auch die Hinterziehungszinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr sofort entrichtet werden. Zudem wird die Strafverfolgungsverjährung auf zehn Jahre ausgedehnt.

Es wird also nicht nur teurer, es wird auch schwieriger. Bislang reichte es, für die letzten fünf Jahre eine einwandfreie Steuererklärung in der betroffenen Steuerart abzugeben. Künftig beträgt die Zeitspanne zehn Jahre. Diese Verlängerung ist für den Steuerhinterzieher, aber auch für den Spezialanwalt, der ihm dabei möglicherweise hilft, heikel. Zehn Jahre sind ein langer Zeitraum, da können schon einmal Papiere verloren gehen, beim Steuerpflichtigen Erinnerungslücken entstehen. Wenn aber kleinste Fehler enthalten sind, wenn etwa nur ein Posten von unversteuerten Zinsen vergessen wird, ist die ganze Mühe meist umsonst. Die Behörden verwerfen dann die Anzeige, erklären sie für ungültig. Statt der Amnestie droht dann Strafe.

Bald wird ohnehin der Hinterziehung von Steuern auf Kapitalerträge von Banken im Ausland ein Riegel vorgeschoben. So ziemlich alle Länder mit namhaften Bankenstandorten, darunter etliche ehemalige Steueroasen, haben sich jüngst bei einer Konferenz in Berlin zum automatischen Datenaustausch verpflichtet. Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, fordert die Politik auf, die technische Herausforderung nicht zu unterschätzen. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte Eigenthaler: "Die Regierungen müssen genug Geld in die Hand nehmen. Die Computerprogramme für den Datenaustausch müssen zeitgerecht getestet und fehlerfrei auf die Finanzämter ausgebracht werden."

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