Lehrermangel Studie: Berufsschulen brauchen 60.000 Lehrer bis 2030

Gütersloh · Rund 2,5 Millionen junge Leute besuchen eine Berufsschule. Dort herrscht jetzt schon oft Lehrermangel. Ohne viele Quereinsteiger würde es nicht laufen. Eine Studie sagt voraus: Der Bedarf an Berufsschullehrern wird noch deutlich wachsen.

 Blick in ein Klassenzimmer: Fast die Hälfte der zur Zeit arbeitenden Berufsschullehrer wird bis 2030 in Rente gehen.

Blick in ein Klassenzimmer: Fast die Hälfte der zur Zeit arbeitenden Berufsschullehrer wird bis 2030 in Rente gehen.

Foto: Bodo Schackow

An den Berufsschulen werden einer Studie zufolge bis zum Jahr 2030 rund 60.000 neue Lehrkräfte benötigt. Fast die Hälfte der aktuell etwa 125.000 Berufsschullehrer werde bis dahin in Rente gehen, neu ausgebildete Kräfte könnten die Lücke aber bei weitem nicht schließen.

Davon geht eine am Montag in Gütersloh veröffentlichte Expertise des Bildungsforschers Klaus Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung aus. Die Berufsschulen treffe der Lehrermangel bereits seit Längerem besonders hart. Sie seien heute schon in hohem Maße auf Seiten- und Quereinsteiger angewiesen. Diese verfügen zwar im Allgemeinen über einen Hochschulabschluss, aber eben nicht fürs Lehramt. Bundesweit besuchen 2,5 Millionen junge Leute eine Berufsschule.

Jörg Dräger vom Stiftungsvorstand sprach von alarmierenden Zahlen. Ein Mangel an Berufsschullehrern schwäche das Ausbildungssystem. "Das nimmt Jugendlichen wichtige Bildungschancen und schadet der Wirtschaft.". Da die Lücke sich erst in einigen Jahren besonders gravierend auftun werde, bleibe noch etwas Zeit für eine bundesweite Strategie. Vor allem müsse es deutlich mehr Studienplätze für Berufsschullehrer geben.

Laut Stiftung rechnet Klemm damit, dass sich der Mangel nach 2025 verschärfen wird. Konkret sieht der Forscher folgenden Bedarf in Fünf-Jahres-Schritten: Bis 2020 müssten jährlich 4000 Lehrkräfte eingestellt werden - hier umfassen Klemms Kalkulationen den Zeitraum ab dem Jahr 2016. Bis 2025 sinke der Neueinstellungsbedarf dann zunächst auf 3300 Personen pro Jahr. Danach wachse er bis 2030 auf jährlich 4800 Kräfte. So kommt die Untersuchung auf rund 60.000 benötigte Lehrer. Und ein Blick darüber hinaus in eine noch etwas fernere Zukunft zeige, dass von 2031 bis 2035 sogar jährlich neue 6100 Lehrkräfte nötig seien.

Dem gegenüber stehen laut Studie "im günstigsten Fall" in den nächsten Jahren aber nur 2000 Absolventen des Lehramtsstudiums Berufsschulen/Sekundarstufe II. Vor allem in gewerblich-technischen Fachrichtungen, wo der Bedarf groß sei, zeichneten sich extreme Nachwuchsprobleme ab.

In den drei unterteilten Regionen West, Ost und Stadtstaaten fällt die Entwicklung dabei unterschiedlich aus. So sinken die Schülerzahlen an den Berufsschulen in den Flächenländen West und erreichen auch 2035 noch nicht das aktuelle Niveau. In den Flächenländern Ost und in den Stadtstaaten steigen sie dagegen der Untersuchung zufolge kontinuierlich an. Und zugleich ist der Anteil älterer Berufsschullehrer, die in den nächsten Jahren ausscheiden werden, in den Flächenländern Ost überdurchschnittlich hoch.

Die Ausbildung von Berufsschullehrern dauere in der Regel mehr als sieben Jahre. Um den sich abzeichnenden dramatischen Mangel ab 2025 aufzufangen, müssten jetzt mehr Studienplätze bereitgestellt werden, forderte die Stiftung. Weitere Bausteine könnten sein: Die rund 30 Prozent in Teilzeit tätigen Berufsschullehrer mit Anreizen zu mehr Unterrichtsstunden motivieren - und vor der Pensionierung stehende Kräfte noch zum Bleiben bewegen.

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