Aufarbeitung der historischen Wahlniederlage SPD nach NRW-Wahl auf der Suche nach sich selbst

Düsseldorf · Die SPD verweigert sich einer großen Koalition und setzt auf Erneuerung. Nun gilt es erstmal, die historische Wahlniederlage zu analysieren. Auch einige Personalfragen müssen diskutiert werden.

 Gespräch mit dem möglichen Nachfolger: Hannelore Kraft und Thomas Kutschaty.

Gespräch mit dem möglichen Nachfolger: Hannelore Kraft und Thomas Kutschaty.

Foto: dpa

Es ist eine kurze Rede, die Hannelore Kraft vor der Fraktion im Düsseldorfer Landtag hält. Die scheidende Ministerpräsidentin dankt ihren Kollegen für gute Zusammenarbeit in sieben Jahren. Die Genossen danken mit freundlichem Applaus, Fraktionschef Norbert Römer dankt Kraft mit einem Blumenstrauß.

Doch ganz so harmonisch, wie es zunächst den Anschein hatte, verlief die Sitzung der SPD-Fraktion Teilnehmern zufolge dann nicht. Es seien auch kritische Stimmen laut geworden, etwa an der Führung des Wahlkampfs. Und zuvor an der Auswahl der Plakate, weil sie die politischen Inhalte nicht ausreichend transportiert hätten.

Zwei Tage nach der Landtagswahl fängt die NRW-SPD mit der Aufarbeitung ihrer historischen Niederlage erst an. Am Vorabend hatte die Partei nach einer Vorstandssitzung die Richtung für die enttäuschten Mitglieder vorgegeben. In einem dreiseitigen Papier heißt es klar: „Angesichts dieser klaren Haltung stehen wir für eine große Koalition nicht zur Verfügung.“

Über diese Absage an die CDU, so heißt es, habe es kaum Kontroversen gegeben. Es habe die Meinung vorgeherrscht: „Wir sind abgewählt worden.“ Die Wähler wollten die SPD in der Opposition sehen. An der sozialdemokratischen Basis fand die Entscheidung gegen eine große Koalition breite Zustimmung. Tenor: Die Beteiligung an einer großen Koalition würde den Erneuerungsprozess der Partei blockieren.

Vorentscheidungen zu Spitzen in der NRW-SPD in den nächsten Tagen

Das sehen sie im Parteivorstand auch so: Es brauche jetzt einen geordneten Prozess der Erneuerung. Im ersten Schritt werde es eine umfassende Analyse geben, um die nötigen Entscheidungen zu treffen. Und zwar spätestens bis zur Sommerpause, wie es in dem Beschluss heißt. Doch die Suche nach neuem Spitzenpersonal könnte schneller vorankommen. Nach Krafts Rücktritt werden Vorentscheidungen in den nächsten Tagen erwartet.

Aktuell würden verschiedene Szenarien diskutiert, heißt es in Parteikreisen. Eines sehe vor, Fraktions- und Parteivorsitz in eine Hand zu legen. Ein Name, der in diesem Zusammenhang immer wieder fällt, ist der von Thomas Kutschaty. Der bisherige NRW-Justizminister schloss die Übernahme einer Führungsposition öffentlich nicht aus. In seinem Umfeld gilt als sicher, dass der 48-jährige Fraktionschef werden will. Ob er als Vater von drei Kindern auch Parteichef und damit Mitglied im Bundesvorstand der SPD werden wolle, sei nicht so klar.

Als ein möglicher Kandidat für den Parteivorsitz gilt aber auch Michael Groschek. Der Bau- und Verkehrsminister habe in der Vorstandssitzung am Montagabend einen überzeugenden Auftritt hingelegt, hieß es. Viele in der Partei wollten den erfahrenen Sozialdemokraten, der für seine klare Sprache bekannt ist, künftig an der Spitze der NRW-SPD sehen.

Sollte Groschek den Parteivorsitz übernehmen, könnte es in der Fraktion darauf hinauslaufen, dass deren jetziger Chef Norbert Römer für eine Übergangszeit, etwa bis zur Bundestagswahl, im Amt bleibt. Übernehmen könnte dann der bisherige Parteivize und parlamentarische Geschäftsführer Marc Herter, so ein weiteres Szenario. Aus dem Rennen genommen hat sich hingegen der Gelsenkirchener OB Frank Baranowski. Auf die Frage, ob er als Landeschef zur Verfügung stünde, antwortete er: „2014 haben mich die Menschen in Gelsenkirchen mit 67,4 Prozent zu ihrem Oberbürgermeister gewählt. Oberbürgermeister zu sein, ist keine Teilzeitbeschäftigung.“

Noch ist nichts entschieden. Welcher Vorschlag sich durchsetzt, hänge dem Vernehmen nach auch davon ab, wie sehr die Partei noch Hannelore Kraft folge.

Bei der Vorstandssitzung am Montagabend soll sie keine entscheidende Rolle mehr gespielt haben.

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