Bildungspolitik Schulen hadern mit G9-Stundenplan

Düsseldorf · Gymnasiallehrer halten die Vorgaben für zu starr. Es sei nicht mehr möglich, eigene Schwerpunkte zu setzen. NRW-Schulministerin Gebauer konkretisierte zudem ihre Pläne für einen Wirtschaftsunterricht.

Ein halbes Jahr vor der Rückkehr zu G9 wächst die Kritik an den Stundenplanentwürfen. In einem internen Schreiben von Gymnasiallehrern an den Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW heißt es, die Stundentafeln müssten viel flexibler gestaltet werden, als bisher vorgesehen. Es sei zu wenig, dass jeweils nur acht Ergänzungsstunden vorgesehen seien, über die Schulen frei entscheiden können. Dadurch sei es den Gymnasien nicht mehr möglich, eigene Schwerpunkte zu setzen wie etwa einen bilingualen Zweig oder sich als Schule mit naturwissenschaftlichem, kulturellem oder Sportprofil abzuheben.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte die Stundentafeln für die Rückkehr zur neunjährigen Gymnasialzeit Anfang September vorgestellt. Danach sollen die Schulen von Klasse fünf bis zehn (Sekundarstufe I) über diese sechs Jahre verteilt künftig 180 Wochenstunden Unterricht erteilen. Weitere acht Stunden sind Ergänzungsstunden. Zwei dieser Ergänzungsstunden werden den GEW-Lehrern zufolge aber bereits für die dritte Fremdsprache benötigt. Auch Informatik könne nur mit Hilfe der zusätzlichen Stunden sinnvoll erteilt werden. Am Ende könnte dies zu Lasten des Biologieunterrichts gehen. Kürzungen drohten auch bei den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Gerade in Zeiten des Rechtspopulismus sei politische Bildung aber von allergrößter Bedeutung.

Gebauer entgegnete, sie habe die Gymnasialleitungen und die Elternschaft bei der Entwicklung der Stundentafeln eng eingebunden, um einen sinnvollen Interessenausgleich zwischen den Fächern vorzunehmen. Die Beteiligten könnten aber auch in der nun folgenden Verbändeanhörung noch Änderungswünsche einbringen.

An Gymnasien soll neues Fach im kommenden Schuljahr eingeführt werden

Die Schulministerin konkretisierte am Montag zudem ihre Pläne für einen Wirtschaftsunterricht in der Sekundarstufe I. An den Gymnasien soll das neue Fach „Wirtschaft/Politik“ im kommenden Schuljahr eingeführt werden. „Ziel ist es, den Schülern unter anderem Kenntnisse unserer Wirtschaftsordnung zu vermitteln, aber auch Aspekte der Verbraucherbildung“, sagte Gebauer. An den Gymnasien sind für Wirtschaft/Politik sowie für Geschichte und Erdkunde laut G9-Stundentafel insgesamt 23 Wochenstunden über sechs Schuljahre verteilt vorgesehen – fünf mehr als zuvor. In der Folge soll das Fach Geschichte laut Staatssekretär Mathias Richter eine Stunde an den Wirtschaftsunterricht abgeben.

An den anderen weiterführenden Schulen soll der Wirtschaftsunterricht erst im darauffolgenden Schuljahr 2020/21 starten. An den Realschulen wird ein neues Schulfach Wirtschaft innerhalb der Gesellschaftswissenschaften geschaffen. Die zusätzlichen Stunden sollen Real- und Hauptschulen dann ebenfalls aus dem Kontingent der Ergänzungsstunden nehmen. An Hauptschulen soll der Lernbereich Arbeitslehre mit den Fächern Wirtschaft, Technik und Hauswirtschaft zu einem neuen Lernbereich „Wirtschaft und Arbeitswelt“ weiterentwickelt werden.

GEW lehnt Einführung eines Faches Wirtschaft ab

Die GEW lehnt die Einführung eines Faches Wirtschaft ab. In Zeiten eines erstarkenden Rechtspopulismus sei vielmehr eine Stärkung der Demokratiebildung mit Hilfe eines fundierten Politikunterrichts erforderlich, sagte die Landesvorsitzende Dorothea Schäfer. Wirtschaftsbezogene Themen fänden sich bereits ausreichend in den Fächern Politik, Sozialwissenschaften und Arbeitslehre.

Thomas Rick, Landesvorsitzender von „Die Familienunternehmer“, gehen die Ankündigungen hingegen nicht weit genug: „Unserer Meinung nach sollte Wirtschaft an allen weiterführenden Schulen als eigenständiges Fach eingeführt werden und nicht als Mischfach mit Politik. Das Thema Wirtschaft ist zu wichtig, als dass es in Kombination unterrichtet werden könnte.“

Auch der Verband „Lehrer NRW“ begrüßte die Stärkung der ökonomischen Bildung: „Unsere Gesellschaft braucht mehr als kritiklose Konsumenten – sie braucht mündige Bürger.“ Zu klären seien aber noch Fragen zur Lehrerausbildung.

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