Treffen mit Assad-Vertretern Scharfe Kritik an Syrien-Reise von AfD-Abgeordneten

Damaskus/Berlin · Während Menschen im Umland von Damaskus getötet werden, treffen sich AfD-Politiker in der Hauptstadt mit einem Vertreter der Assad-Regierung. Nach einem Markt-Besuch erklären sie: Ist doch alles ganz entspannt hier. Die Bundesregierung findet das empörend.

 Die AfD-Gruppe hält sich seit Anfang der Woche in Syrien auf. Ihr gehören Abgeordnete des Bundestages und des nordrhein-westfälischen Landtages an.

Die AfD-Gruppe hält sich seit Anfang der Woche in Syrien auf. Ihr gehören Abgeordnete des Bundestages und des nordrhein-westfälischen Landtages an.

Foto: Wolfgang Kumm/Archiv

Die Bundesregierung hat einen Besuch von AfD-Abgeordneten bei ranghohen Vertretern der Regierung von Präsident Baschar al-Assad scharf kritisiert. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: "Das syrische Regime zeigt jeden Tag, wie menschenverachtend es vorgeht".

Das Leiden von Zivilisten in Idlib, Aleppo und Ost-Ghuta sei "ein Leiden, das Präsident Assad befiehlt oder in Kauf nimmt". "Wer dieses Regime hofiert, der disqualifiziert sich selbst", fügte er hinzu. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes betonte, das Ministerium sei über die Reise der AfD-Abgeordneten vorab nicht informiert worden.

Der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christian Blex veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite Bilder von einem Treffen mit dem Staatsminister für nationale Versöhnung, Ali Haidar, am Dienstagabend in Damaskus.

Die AfD-Gruppe hält sich seit Anfang der Woche in Syrien auf. Ihr gehören Abgeordnete des Bundestages und des nordrhein-westfälischen Landtages an. Die AfD-ler hatten am Montag den regierungsnahen Großmufti von Syrien, Ahmed Hassun, getroffen. Dieser hatte 2011 für den Fall einer westlichen Militärintervention gedroht, Selbstmordattentäter nach Europa und Amerika zu schicken. Die AfD-Abgeordneten wollten mit ihrem Besuch auch ihre Forderung nach einer Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien unterstreichen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte: "Eines geht nicht (…), sich mit Menschen zu treffen, die uns angedroht haben, unser Land zu bombardieren und hier Terroranschläge zu machen, und dann so zu tun, als wenn sie die größten Friedensengel wären. Das finde ich abstoßend."

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, die AfD-Parlamentarier unterstützten "diejenigen, die durch den Krieg in Syrien dafür verantwortlich sind, dass sich überhaupt so viele Menschen auf der Flucht befinden und so viele Menschen nicht in der Heimat bleiben können". Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner sagte, wenn AfD-Abgeordnete jetzt "Leuten die Aufwartung machen, die ihre eigene Bevölkerung terrorisieren", sollte auch dem Letzten hierzulande klar sein, was diese Partei "im Schilde führt".

Der Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Deutschland, Dominik Bartsch, erklärte: "In Syrien gibt es jetzt seit sieben Jahren einen grausamen Konflikt mit Hunderttausenden Toten und Millionen Flüchtlingen. Jeden Tag sterben Menschen, auch diese Woche, auch heute." Um die Situation in dem Land zu erfassen, bedürfe es einer genauen Analyse, keines Kurzbesuchs. Aus Sicht des UNHCR seien Rückführungen nach Syrien derzeit verfrüht.

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen stellte sich hinter die Parlamentarier-Gruppe. Er sagte der "Bild"-Zeitung, die "völlig überzogenen Reaktionen von CDU- und SPD-Abgeordneten" belegten nur, dass diese Parteien jede außenpolitische Kompetenz verloren hätten.

"Es ist schlicht widerlich und unverständlich, wie Vertreter der AfD in Syrien versuchen, Normalität vorzugaukeln", erklärte der Generalsekretär der CDU in Nordrhein-Westfalen, Josef Hovenjürgen. Zu behaupten, in Damaskus herrsche normales Alltagsleben, während im wenige Kilometer entfernten Ost-Ghuta das Regime von Präsident Baschar al-Assad die schwersten Angriffe seit Beginn des Krieges verübe, sei "schlichtweg perfide". Die AfD verhöhne damit das große Leid der Kriegsopfer.

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