Migration Regierung: Kein Hinweis auf hohe Zahl vermisster Flüchtlingskinder

Berlin · Die Zahl alarmiert: Tausende Flüchtlingskinder, die ohne Elternbegleitung in europäische Länder gereist sind, sollen spurlos verschwunden sein. Die Regierung in Berlin verweist zunächst einmal auf Probleme mit der Registrierung dieser Jugendlichen.

 Junge Transitflüchtlinge, die nach Skandinavien wollen, im Seehafen Rostock.

Junge Transitflüchtlinge, die nach Skandinavien wollen, im Seehafen Rostock.

Foto: Bernd Wüstneck/Archiv

Die Bundesregierung hat keine Hinweise, dass auch in Deutschland Tausende alleinreisende Flüchtlingskinder verschwunden sein könnten. Aus dem Bundeskriminalamt (BKA) stammende Zahlen seien "in diesem Kontext überaus missverständlich und auch nicht belastbar".

Das sagte ein Sprecher des Familienministeriums am Mittwoch in Berlin. "Sie lassen jedenfalls keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Kinder und Jugendlichen in die Hände von Schleusern oder anderen Kriminellen geraten sind."

Der Sprecher räumte ein, das Ministerium habe keine eigenen Zahlen. Er verwies lediglich auf die BKA-Informationen in der "Mitteldeutschen Zeitung", wonach Anfang Januar 4749 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Deutschland vermisst wurden, davon 4287 zwischen 14 und 17 Jahren. Auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die BKA-Zahl sei "insofern missverständlich, als sie immer nur eine tagesaktuelle Aufaddierung enthält von beim BKA zur Kenntnis gebrachten Vermisstenanzeigen". Bereits erledigte Anzeigen seien darin nicht berücksichtigt, die absolute Zahl gebe keinen Anhaltspunkt für einen kriminellen Kontext.

Der Hintergrund: Mindestens 10 000 alleinreisende Flüchtlingskinder seien in den vergangenen 18 bis 24 Monaten nach ihrer Ankunft in Europa spurlos verschwunden, hatte ein Sprecher der europäischen Polizeibehörde Europol am Sonntag gesagt. "Dies bedeutet nicht, dass allen etwas passiert ist. Ein Teil der Kinder könnte sich tatsächlich mittlerweile bei Verwandten aufhalten. Aber es bedeutet, dass diese Kinder zumindest potenziell gefährdet sind."

Der Europol-Sprecher fügte hinzu: "Diese Kinder können Opfer von Missbrauch werden. Und wir bitten unsere Kollegen (in Europa), sich darüber im Klaren zu sein, dass dies passieren könnte." Allein in Italien seien nach Angaben der dortigen Behörden 5000 Flüchtlingskinder verschwunden, in Schweden 1000. Zahlen aus anderen Ländern könne er nicht nennen, sagte der Europol-Sprecher.

Der Sprecher des Familienministeriums sagte am Mittwoch, viele unbegleitete Flüchtlingskinder reisten ohne Ausweispapiere, ihre Identität sei ungeklärt. Es könnte zu "Vielfachzählungen" kommen. Viele Jugendliche gingen in ein anderes Land oder meldeten sich unter anderem Namen in einer anderen Stadt. An einer besseren Registrierung "arbeiten wir noch", hieß es.

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