RW-Schuldenbremse Rechtsexperte warnt vor "Schlupflöchern"

DÜSSELDORF · Beim Streit über eine "Schuldenbremse" in der NRW-Landesverfassung geht es nicht mehr um das "Ob", sondern um das "Wie". Rechtsexperten empfahlen gestern in der Verfassungskommission des Landtags ein Neuverschuldungsverbot ab 2020 in NRW.

 Findet eine Schuldenbremse für NRW besonders bedeutsam: Christian Waldhoff.

Findet eine Schuldenbremse für NRW besonders bedeutsam: Christian Waldhoff.

Foto: dpa

Der Berliner Verfassungsrechtler Christian Waldhoff warnte aber vor "Schlupflöchern" und sprach sich für Strafmechanismen bei Verstößen aus. So könnte ein Kontrollkonto angelegt werden, auf dem verfassungswidrige Kredite im Haushaltsvollzug später durch verbindliche Rückzahlungen und Tilgungen ausgeglichen werden müssten.

Seit fünf Jahren gilt die Schuldenbremse im Grundgesetz, Länder wie NRW zögern aber bisher damit, das Verbot für neue Schulden gesondert in der Landesverfassung auszuweisen. In der Verfassungskommission stellte Waldhoff aber klar, dass die Opposition nur dann bei möglichen Verstößen eine Normenkontrollklage erheben könne, wenn die Regelung auch in der Landesverfassung steht. Waldhoff sprach sich dafür aus, dass die Bremse auch für den Vollzug des Haushalts gilt - damit NRW nicht einen schuldenfreien Haushalt aufstellen kann, der später nur mit neuen Krediten finanziert werden kann.

Joachim Wieland, Verfassungsrechtler der Uni Speyer, will dem Land weniger "enge Handschellen anlegen", damit das Land in akuten Notlagen reagieren könne. Als Beispiel für "Ausweichmanöver" wählte Wieland den Bund. Der habe das Ziel der "Schwarzen Null" auch deshalb erreicht, indem er eine Infrastrukturgesellschaft gegründet habe, die eigene Schulden aufnehmen könne. Aus Sicht Wielands braucht eine Schuldenbremse Ausnahmeregelungen, wenn sich etwas "der Kontrolle des Staates entzieht" - Naturkatastrophen, schwere Konjunktureinbrüche oder Ähnliches. Außerdem müsse das Recht der Kommunen auf angemessene Finanzausstattung unberührt bleiben.

Rot-Grün hatte eine zusätzliche Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung lange als unnötig abgelehnt, weil das Grundgesetz klare Regelungen gesetzt habe. Waldhoff sah aber in der Einführung der Schuldenbremse "eine deutliche Erweiterung des Rechtsschutzes".

Zwölf Länder bremsen

Zwölf der 16 Bundesländer haben bislang eigene landesrechtliche Regelungen getroffen, wie die vom Grundgesetz vorgegebene Schuldenbremse umgesetzt wird. Acht von ihnen haben sich für Festlegungen in ihrer Landesverfassung entschieden, drei für einfache Gesetze; Niedersachsen hat eine Übergangsregelung. Nur vier Bundesländer haben keine Initiativen dazu: NRW, Berlin, Brandenburg und das Saarland. Dabei ist die Bedeutung der Frage nach Ansicht von Christian Waldhoff für NRW am größten: wegen der höchsten Einwohnerzahl und wegen des Umfangs der jährlichen Neuverschuldung.

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