Politologe: "Wahlarena" machte Differenzen in NRW deutlich

Düsseldorf · Sieben statt zwei: In der großen Fernsehrunde der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl wurde gestritten, aber nicht so scharf wie zuvor beim TV-Duell. Wer hat gewonnen?

 Laschet (l), CDU-Spitzenkandidat und die Ministerpräsidentin Kraft (SPD).

Laschet (l), CDU-Spitzenkandidat und die Ministerpräsidentin Kraft (SPD).

Foto: Oliver Berg

Wo liegen die Differenzen zwischen den Parteien: Nach Einschätzung eines Experten hat die große Fernsehrunde zur NRW-Landtagswahl dies deutlicher werden lassen als das TV-Duell von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihrem Herausforderer Armin Laschet (CDU) kurz zuvor. "Laschet hat die Rolle des Angreifers stärker angenommen", sagte der Politikwissenschaftler Stefan Marschall der Deutschen Presse-Agentur über die WDR-Sendung vom Donnerstagabend. Das sei vor allem beim Thema innere Sicherheit so gewesen, wo der CDU eine größere Kompetenz zugebilligt werde.

Kraft sei dagegen sehr viel staatstragender aufgetreten als beim TV-Duell mit Laschet. Sie habe ihn viel weniger attackiert, sagte der Professor, der an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität lehrt. FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner habe die Diskussionen teilweise stark dominiert. "Er hat sich als Oppositionsführer gegen eine große Koalition positioniert", sagte Marschall. Den Redebeiträgen der Grünen-Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann sei deutlich das Bemühen anzumerken gewesen, aus der politischen Defensive zu kommen. "Sie hat häufig auf Angriff geschaltet."

An der "Wahlarena" im WDR-Fernsehen eineinhalb Wochen vor der Wahl hatten außerdem die Spitzenkandidaten von AfD, Linken und Piraten teilgenommen: Marcus Pretzell, Özlem Demirel und Michele Marsching. Hauptstreitthemen der 105-minütigen Live-Sendung: Schulpolitik, Innere Sicherheit und soziale Gerechtigkeit.

Am spannendsten wurde es am Ende. Die Parteispitzen mussten Farbe bekennen, wer mit wem nach der Landtagwahl am 14. Mai eine Koalition bilden könnte. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte zu Spekulationen über Rot-Rot-Grün mit Blick auf die von ihr geschmähten Linken: "Alles fordern, aber nicht sagen, wie man es finanzieren kann - so kann man ein Land nicht regieren." CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet warf ihr daraufhin vor, ein Bündnis mit der Linken damit aber nicht klar ausgeschlossen zu haben. Die CDU habe dies getan - ebenso wie eine Koalition mit der rechtspopulistischen AfD.

Nachdem die FDP in einer kurz vor der Sendung veröffentlichten Umfrage auf 13 Prozent hochgeschossen war, warnte Laschet: "Wer jetzt FDP wählt, hilft, dass Frau Kraft stärkste Kraft wird." Laut einer repräsentativen Infratest-dimap-Umfrage für die ARD liegen die SPD mit 32 und die CDU mit 31 Prozent nah beieinander. Die rot-grüne Regierung hätte demnach keine Mehrheit mehr.

FDP-Chef Christian Lindner sagte: "Die wahrscheinlichste Koalition ist eine große Koalition in Nordrhein-Westfalen." Der 38-Jährige ist Spitzenkandidat sowohl für die Landtagswahl als auch für die Bundestagswahl am 24. September. AfD-Landeschef Marcus Pretzell spottete: "Wer die FDP wählt, bekommt fünf Monate Lindner und fünf Jahre Kraft." Die AfD wird in der jüngsten Umfrage bei 8 Prozent gesehen und könnte erstmals in den Düsseldorfer Landtag einziehen.

Die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann, die von allen fünf Nicht-Regierungsparteien für ihre Politik als Schulministerin angegriffen wurde, warb für eine Neuauflage von Rot-Grün. Die Umfragewerte der Grünen sind seit der Landtagswahl 2012 von damals 11,3 auf zuletzt 6 bis 7 Prozent stark gesunken.

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