Rettungshilfe per Videochat NRW will Tele-Notärzte einführen

Düsseldorf · Nordrhein-Westfalen steht vor einem Umbau des Rettungswesens. Notärzte sollen in Zukunft per Video zugeschaltet werden. Das Modell gilt als Erfolg.

Die Landesregierung bereitet den flächendeckenden Einsatz von Tele-Notärzten vor: ausgebildete Notärzte, die nicht mehr physisch zu Notfällen ausrücken, sondern per Video in die Rettungswagen am Einsatzort geschaltet werden.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte unserer Redaktion: „Nicht bei jedem akuten Notfall muss eine Notärztin oder ein Notarzt physisch anwesend sein.“ Tele-Notärzte könnten per Video alle erhobenen Messwerte und die Krankengeschichte der Patienten bewerten. Laumann: „Vor allem für ländliche Regionen birgt dies ein großes Potenzial. Deshalb mache ich mich für eine flächendeckende Umsetzung der Tele-Notarztsysteme in Nordrhein-Westfalen stark.“

"Rollende Notärzte", die physisch ausrücken, sollen trotzdem erhalten bleiben. Fachkreise fragen sich aber bereits, ob und in welchem Umfang künftig rollende Notärzte durch Tele-Notärzte ersetzt werden sollen. Das Gesundheitsministerium verweist auf die für die Organisation des Rettungsdienstes zuständigen Kreise und Städte. Die haben sich mit dem Thema bislang aber kaum befasst.

"Rendezvous-System" bleibt

In NRW ist das sogenannte Rendezvous-System etabliert. Zu medizinischen Notfällen rückt ein Rettungswagen (RTW) meist der Feuerwehr aus, der nicht mit Ärzten besetzt ist, aber mit notfallmedizinisch ausgebildetem Personal. Bei schweren Fällen stößt ein Notarzt hinzu. Er wird in einem eigenen Blaulicht-Pkw zum Einsatzort gebracht. Ob ein Notarzt gebraucht wird, entscheidet meist die Leitstelle, in der der Notruf eingegangen ist.

Laumann will am Rendezvous-System festhalten und den Tele-Notarzt ergänzend einführen. Mit dem Tele-Notarzt würden „ärztliche Entscheidungen auch dann verfügbar gemacht, wenn ein Notarzt nicht oder noch nicht vor Ort ist“. Laut Gesetz muss das erste Rettungspersonal in spätestens acht, auf dem Land in zwölf Minuten am Einsatzort sein. In Aachen und Umgebung sind Tele-Notärzte schon im Einsatz. Das Modell gilt als Erfolg. Peter Gretenkort, Vorsitzender der "Arbeitsgemeinschaft Notärzte in NRW" (AGNNW) sagt, der Tele-Notarzt habe einen Zeitvorteil: „Er ist praktisch zeitgleich mit dem Rettungswagen vor Ort“, so Gretenkort. Das Personal auf den Rettungswagen sei dank neuer Ausbildungen inzwischen sehr kompetent.

Oliver Koch, NRW-Vorstand der deutschen Feuerwehrgewerkschaft warnt allerdings davor, den Tele-Notarzt auch als Kostensenker zu sehen. Er befürchtet, dass mit Tele-Notärzten Planstellen für rollende Notärzte eingespart werden sollen.

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