Kirchen kritisieren Rüstungsexporte "Nicht hinnehmbar"

BERLIN · Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben eine deutliche Ausweitung von Rüstungsgeschäften mit Drittstaaten kritisiert.

Im ersten Halbjahr 2014 sei der Anteil von Exportgenehmigungen für Lieferungen an Länder außerhalb von Nato und EU auf einen Rekordanteil von 63,5 Prozent gestiegen, hieß es gestern in Berlin bei der Vorstellung des 18. Rüstungsexportberichts der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). Dies sei "nicht hinnehmbar", sagte der katholische GKKE-Vorsitzende Karl Jüsten.

Besondere Sorge bereite der Handel mit Staaten in Nordafrika sowie Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Erstmals konnte die GKKE neben Angaben von Experten und Einrichtungen wie dem schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri auf das Zahlenmaterial der Bundesregierung zum Vorjahr zurückgreifen. Jüsten lobte die "deutlich gewachsene Transparenz". Positiv hoben die Autoren des Berichts auch den im Oktober vorgelegten Zwischenbericht der Regierung für das erste Halbjahr 2014 hervor. Daraus gehe ein Rückgang bei den Einzelausfuhrgenehmigungen sowie dem Export von Kleinwaffen hervor. Zustimmung fand zudem die Entscheidung, die Ausfuhrgenehmigung für ein Gefechtsübungszentrum in Russland nach dem Ausbruch der Krimkrise zu widerrufen.

Eine Trendwende in der Rüstungsexportpolitik stehe gleichwohl noch aus, so die GKKE. Als Beispiel verwiesen die Fachleute auf Pläne, eine Produktionsstätte für 1000 Fuchs-Panzer in Algerien zu errichten. Damit gebe die Regierung die Kontrolle über den Verbleib aus der Hand, beklagte Jüsten. Heftige Kritik übten die Kirchen auch an U-Boot-Lieferungen an Israel sowie am Verkauf von Patrouillenbooten an Saudi-Arabien. Angesichts der Diskussion um den Rüstungsstandort Deutschland warnte der Evangelische GKKE-Vorsitzende Martin Dutzmann davor, "dass aus ökonomischen Erwägungen Waffenlieferungen genehmigt werden, die der politischen Klugheit und Ethik widersprechen".

Mit Blick auf die Waffenlieferungen in den Nordirak zur Unterstützung der Peschmerga betonte Dutzmann, dass es sich nicht um Handel, sondern eine "Maßnahme der Nothilfe" gehandelt habe, um einen drohenden Genozid zu stoppen.

Im vergangenen Jahr erteilte die Bundesregierung laut GKKE-Bericht Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von 5,846 Milliarden Euro. Das sei der höchste Wert seit 1996. Bei den Sammelausfuhrgenehmigungen für staatenübergreifende gemeinsame Rüstungsprojekte gab es mit 2,494 Milliarden Euro einen Rückgang um 40 Prozent. Es sei allerdings fraglich, ob sich hier ein dauerhafter Trend etabliere. Zudem gingen auch in diesem Fall 15 Sammelausfuhrgenehmigungen an Drittstaaten, darunter Brasilien, Malaysia und Saudi-Arabien.

Die Zahl der tatsächlichen Ausfuhren von Kriegswaffen hatte 2013 einen Gegenwert von 933 Millionen Euro und blieb damit gegenüber dem Vorjahr mit 946 Millionen Euro ungefähr gleich. Insgesamt gehöre Deutschland weiter zu den fünf größten Rüstungsexporteuren weltweit, hieß es. Einen Schwerpunkt legt der Bericht, der zusammen mit dem Bonner Konversionszentrum BICC erarbeitet wurde, auf dem Handel mit Gewehren und Maschinenpistolen. Die Ausfuhr kleiner und leichterer Waffen erreichte im vergangenen Jahr mit 69.872 Stück einen neuen Höchstwert; allein nach Saudi-Arabien gingen über 18.000 Sturmgewehre.

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