Schutz vor Missbrauch Neuregelung des Sexualstrafrechts schließt Lücken im Gesetz

BERLIN · Mit der Reform des Sexualstrafrechts reagiert die Bundesregierung auch auf den viel beachteten Fall des SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy.

Im Zusammenhang mit seinem Fall wurde klar, dass es einen unzureichenden Schutz von Kindern bei sogenannten "Posing-Bildern" gibt, die nicht eindeutig pornografisch sind - etwa nackte Kinder am Strand.

Nun stellt der Gesetzentwurf einerseits klar, dass eine Schrift als kinderpornografisch gilt, "wenn sie die Wiedergabe einer ganz oder teilweise unbekleideten Person unter vierzehn Jahren in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat". Zudem wird die Intimsphäre von Kindern und Erwachsenen aber auch dadurch geschützt, dass ebenso bestraft wird, wer "unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbekleideten anderen Person herstellt oder überträgt" - eine Vorschrift, die zudem die Privatheit schützt, indem sie etwa das Einstellen von intimen Fotos im Internet unter Strafe stellt.

Der Gesetzgeber hofft damit, eine Abgrenzungsproblematik gelöst zu haben, die bislang zu sehr unterschiedlichen Rechtsprechungen geführt hatte. Staatsanwaltschaften hatten unterschiedliche Maßstäbe entwickelt, wann Aufnahmen von Kindern den für die Strafbarkeit notwendigen Sexualbezug aufwiesen.

Im Zuge der Gesetzgebungsarbeit hatte es heftige Kritik von Juristen am geplanten Gesetz gegeben. Sie befürchteten, dass sich Besitzer kinderpornografischen Materials auf einen "freiwilligen Rücktritt von der Tat" berufen könnten. Damit bliebe der Täter also straffrei, weil er behaupten kann, die Fotos nur einmalig angeguckt zu haben, zum Beispiel aus Versehen. Es wurde befürchtet, dass so zum Beispiel der Fall Edathy ohne strafrechtliche Konsequenzen ausgehen könnte. Nun aber bleibt die Verschaffung des Eigenbesitzes ein sogenanntes Unternehmensdelikt, die befürchtete Lücke tut sich hier also nicht auf.

Eine Lücke schließt der Gesetzentwurf der Bundesregierung übrigens auch dadurch, dass er nun auch den Besuch oder die Veranstaltung kinder- oder jugendpornografischer "Live-Veranstaltungen" verbietet.

Der Gesetzentwurf reagiert aber auch auf in der Öffentlichkeit intensiv debattierte Skandale an Schulen. So werden künftig auch Vertretungslehrer wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener strafrechtlich verfolgt werden können. Im November 2011 hatte das Oberlandesgericht Koblenz einen Lehrer vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener freigesprochen. Das Gericht sah kein "Obhutsverhältnis" gegeben, da der Lehrer die Schülerin nur vereinzelt aushilfsweise unterrichtete.

Die Bundesregierung war zum gesetzgeberischen Handeln aber auch deshalb gezwungen, weil sie Vorgaben der EU umzusetzen hatte. Die Umsetzungsfrist einer EU-Richtlinie zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung ist bereits seit dem 18. Dezember 2013 abgelaufen.

Die Verschärfung des Sexualstrafrechts muss nach Ansicht von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) mit einer Aufstockung des Personals zur Strafverfolgung von Kinderpornografie einhergehen. "Ein noch so gutes Gesetz greift nicht, wenn es nicht angewendet wird", sagte die SPD-Politikerin dem Berliner "Tagesspiegel". Es gebe ein "Vollzugsproblem" bei der Kriminalpolizei des Bundes und der Länder. Es sei aber "nicht akzeptabel, dass Fälle von Kinderpornografie liegen bleiben, weil nicht genügend Personal da ist". Schwesig meinte: "Die Zahl der Fälle steigt drastisch an, darauf müssen wir reagieren."

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