Streit um Haftbefehl Neuer Befangenheitsantrag bringt NSU-Prozess ins Stocken

München · Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess ist beendet, ein dritter Angeklagter sitzt in U-Haft. Am Donnerstag sollten nun die ersten Nebenkläger das Wort bekommen. Doch es kommt ganz anders.

 Die Angeklagte Beate Zschäpe sitzt im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München neben ihrem Anwalt Mathias Grasel.

Die Angeklagte Beate Zschäpe sitzt im Gerichtssaal im Oberlandesgericht in München neben ihrem Anwalt Mathias Grasel.

Foto: Peter Kneffel/Archiv

Ein neuer Befangenheitsantrag verzögert die mit Spannung erwarteten Plädoyers der Nebenkläger im Münchner NSU-Prozess. Die Verteidiger des mutmaßlichen Terrorhelfers André E. stellten außerhalb der Hauptverhandlung ein entsprechendes Ablehnungsgesuch, wie ein Justizbeamter mitteilte.

Hintergrund ist nach dpa-Informationen juristischer Streit rund um die Eröffnung eines Haftbefehls gegen E. durch das Oberlandesgericht am Mittwochabend. Der Prozesstag wurde deshalb genauso wie der für nächsten Dienstag geplante Verhandlungstag abgesagt. Zunächst muss ein anderer Senat über den Befangenheitsantrag entscheiden. Der Prozess soll erst am Mittwoch kommender Woche fortgesetzt werden.

Bundesanwalt Herbert Diemer hatte am Dienstag die Höchststrafe für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe gefordert: lebenslange Haft, die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und anschließende Sicherungsverwahrung. Die Anklage wirft ihr Mittäterschaft an allen NSU-Verbrechen vor, darunter zehn vorwiegend rassistisch motivierte Morde. Für den mutmaßlichen Terrorhelfer Ralf Wohlleben und überraschend auch für E. forderte Diemer jeweils zwölf Jahre Haft.

Am Mittwochabend erließ das Gericht auf Antrag der Bundesanwaltschaft Haftbefehl gegen E. - der 38-Jährige saß in den vergangenen Jahren, anders als Zschäpe und Wohlleben, nicht in Untersuchungshaft. Den Befangenheitsantrag begründete E.s Verteidigung dem Vernehmen nach vor allem damit, dass das Gericht unzureichend begründet habe, warum Nebenkläger zu dem nicht-öffentlichen Termin zugelassen wurden.

E. galt bis zuletzt als einer der engsten Vertrauten des "Nationalsozialistischen Untergrunds" und von Beate Zschäpe. Die Ankläger sehen in ihm einen der loyalsten Helfer des Terrorgruppe und werfen ihm Beihilfe zum versuchten Mord vor: E. soll im Dezember 2000 das Wohnmobil gemietet haben, mit dem laut Anklage Zschäpes Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach Köln fuhren, um einen Anschlag auf das Lebensmittelgeschäft einer iranischstämmigen Familie zu verüben.

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