Kommentar zu Freibeträgen für Rentner Neue Antworten

Meinung | Berlin · Höhere Freibeträge für Rentner würden das gesamte System destabilisieren, meint Birgit Marschall und fordert von der Politik andere Antworten auf das zunehmende Problem der Altersarmut.

Die rot-grüne Rentenreform von 2005 war eine notwendige Jahrhundert-Reform, die alle Generationen betraf. Das Renteneintrittsalter wird seitdem schrittweise bis 2029 von damals 65 auf 67 Jahre angehoben. Gleichzeitig stärkte die Koalition unter SPD-Kanzler Schröder die private Altersvorsorge: Schrittweise kann jedes Jahr ein immer höherer Teil der privaten Vorsorge von der Steuer abgesetzt werden. Im Gegenzug – und das wird gern vergessen – sinkt aber auch der steuerfreie prozentuale Anteil der gesetzlichen Rente für Neu-Rentner. Je später jemand in Rente geht, desto höher ist der Anteil der gesetzlichen Rente, der steuerpflichtig wird.

Diese Regelung ungerecht zu nennen, wäre aber falsch. Sie ist schlicht generationengerecht: Worauf der Staat in der Erwerbsphase durch höhere Freibeträge für die Altersvorsorge verzichtet, holt er sich in der Ruhestandsphase durch die nachgelagerte Besteuerung zurück.

Allerdings ist auch wahr, dass die relative Armut vieler Älterer weiter zunehmen wird. Das liegt zum einen daran, dass ihre Beitragszahlungen im Erwerbsalter zu gering waren, um im Alter eine bessere gesetzliche Rente zu erzielen. Zum anderen sorgen viele zu wenig privat vor – sei es, weil sie es nicht können, sei es aus Unwissenheit oder Unwillen. Für diese Gruppen wird die Politik neue Antworten finden müssen. Höhere Steuerfreibeträge für Rentner sollten nicht dazu gehören, denn sie bedeuteten einen Systemwechsel, der die gesamte Rentenreform infrage stellen würde, die das Rentensystem wesentlich stabilisiert hat.

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