Rückkehrrecht in die Vollzeit Nahles empört über Absage der Union

Berlin · Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles beklagt den Druck der Arbeitgeber auf Arbeitnehmer in Teilzeit. Die Ministerin ist empört über die Politik der Union.

 Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD).

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD).

Foto: dpa

Mit Empörung hat Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) die Absage der Union an ein Rückkehrrecht für Arbeitnehmer von einer Teilzeit- in eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen. „Das ist enttäuschend. Frau Merkel verhindert damit das Gesetz, das für Hunderttausende Frauen den Weg aus der Teilzeitfalle bereitet hätte“, erklärte Nahles. Sie warf der Union einen „klaren Bruch“ des Koalitionsvertrages vor.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) wies hingegen Nahles die Schuld zu. „Ob für dieses wichtige und schwierige Thema noch rechtzeitig eine Lösung gefunden werden kann, hängt auch davon ab, ob sich Gewerkschaft und Arbeitgeber so annähern, dass die Ministerin ein einigungsfähiges Papier vorlegen kann“, sagte Altmaier unserer Redaktion. Das sei bisher nicht geschehen. Er wünsche sich immer noch, dass es zu einer Regelung komme, aber derzeit sehe es eher nicht so aus.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Arbeitnehmer, die wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen in Teilzeit arbeiten, das Recht erhalten, zu ihren ursprünglichen Arbeitszeiten zurückzukehren. Für welche Betriebsgröße diese Neuregelung gelten soll, gibt der Koalitionsvertrag nicht her.

Eben diese Frage war am Ende zwischen Union und SPD der Hauptknackpunkt. Während Nahles die Neuregelung ab einer Betriebsgröße von 15 Mitarbeitern gelten lassen wollte, forderte die Union, dass nur Unternehmen mit 200 Mitarbeitern oder mehr ein solches Rückkehrrecht einlösen sollen. „Das hätte mehr als drei Millionen Teilzeitbeschäftigte vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen“, beklagt Nahles. Das mache sie nicht mit.

Der Anteil der Teilzeit-Beschäftigten ist in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich gestiegen. Die meisten Eltern mit minderjährigen Kindern entscheiden sich für das Rollenmodell eines Haupternährers (meistens der Mann) und einer Teilzeitbeschäftigten. Die Arbeitsmarktpolitik der SPD zielt darauf, Eltern mehr Möglichkeiten und mehr Anreize zu geben, ihre Arbeits- und Familienzeiten gleichmäßig zu verteilen. Wie auch das Konzept von Familienministerin Manuela Schwesig zum Elterngeld Plus zeigt.

Die Teilzeitarbeit ist in den vergangenen 20 Jahren von 8,3 Millionen auf 15,3 Millionen im vergangenen Jahr gestiegen. Die große Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, gab der überwiegende Teil der teilzeitarbeitenden Frauen als Hauptgrund die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen (29 Prozent) beziehungsweise andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen (21 Prozent) an.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge arbeiten nicht alle Teilzeitbeschäftigten freiwillig verkürzt. Der Umfrage zufolge gaben 24 Prozent der teilzeitbeschäftigten Männer und 13 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen von 20 bis 64 Jahren als Hauptgrund für die Teilzeitarbeit an, dass sie keinen ganztägigen Arbeitsplatz finden konnten. Der Konflikt um das Rückkehrrecht in Vollzeit verläuft auch zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Flexibilität bei der Arbeitszeit sei nur mit, nicht gegen die Betriebe zu organisieren, hieß es von Seiten der Arbeitgeber. DGB-Chef Reiner Hoffmann warf der Union vor, der Kritik der Arbeitgeber widerstandslos nachgegeben zu haben.

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