EU Merkel und Szydlo um deutsch-polnische Verbundenheit bemüht

Berlin · Lange war Polen für die Kanzlerin einer der ersten Ansprechpartner. Mit dem Wechsel zu der neuen nationalkonservativen Regierung kühlte das Verhältnis ab. Beim - späten - Antrittsbesuch von Beata Szydlo ist nicht alles in Ordnung. Aber der Wille zu mehr Harmonie ist da.

 Aneinander vorbei: Bundeskanzlerin Merkel weist Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo nach einer Pressekonferenz im Kanzleramt den Weg.

Aneinander vorbei: Bundeskanzlerin Merkel weist Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo nach einer Pressekonferenz im Kanzleramt den Weg.

Foto: Michael Kappeler

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsidentin Beata Szydlo bemühen sich um die Rückkehr zum einst ungetrübten deutsch-polnischen Verhältnis.

Nach dem Antrittsbesuch von Polens neuer nationalkonservativer Regierungschefin in Berlin hoben beide Politikerinnen die Gemeinsamkeiten hervor und vermieden weitgehend kritische Themen. Sie kündigten deutsch-polnische Regierungskonsultationen an und drückten ihre Freude über das 25-jährige Bestehen des Nachbarschaftsvertrags aus.

Merkel ging nicht auf umstrittene Verschärfungen für das polnische Verfassungsgericht und Medienrecht ein. Szydlo wiederholte nicht ihre Äußerung in der "Bild"-Zeitung, dass in Deutschland die Lage durch die Flüchtlingskrise außer Kontrolle geraten sei.

Merkel nahm einen Vorschlag Szydlos zu einem gemeinsamen Hilfsprojekt - etwa den Bau eines Krankenhauses - für Flüchtlinge in der Nachbarregion Syriens auf. Szydlo sprach von einem Signal in der EU. Sie betonte, dass Deutschland ein sehr wichtiger Nachbar und Partner Polens sei. Und: "Das wichtigste ist, dass wir zusammen zur Stärkung der Europäischen Union beitragen können." Die EU solle mit einer Stimme sprechen, niemand wolle ein Teilung der EU.

Zuvor hatte Szydlo in der "Bild"-Zeitung eine Kehrtwende der EU in der Flüchtlingspolitik gefordert. Europa stehe vor einer der größten Herausforderungen. "Es zeigt sich, dass der eingeschlagene Weg nicht weiterführt." Die Lage an den EU-Außengrenzen "und auch in Deutschland ist außer Kontrolle geraten".

Merkel sagte, wenn die Flüchtlingsbewegung als große Herausforderung eingeschätzt werde, "glaube ich auch, dass wir nicht nach sechs, sieben Monaten sagen können, etwas ist gescheitert oder nicht gescheitert". Gerade Deutschland und Polen wüssten aus ihrer gemeinsamen schwierigen Geschichte, "dass manche Aufgaben sehr, sehr lange dauern können."

Zur Überwindung der Feindschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sagte Merkel: "Wir waren uns ganz bewusst in unserem Gespräch, dass wir dieses Glück, das wir in der heutigen Generation haben, einfach auch hüten und pflegen und weiterentwickeln wollen."

Polen steht wegen eines Gesetzes für sein Verfassungsgericht sowie seines neuen Medienrechts in der Kritik. In beiden Fällen wird eine Beschränkung der Unabhängigkeit befürchtet. Die EU-Kommission hat ein offizielles Prüfverfahren eingeleitet, ob die beiden Vorhaben im Widerspruch zu Europas rechtsstaatlichen Grundsätzen stehen.

Mit ihrem Antrittsbesuch hatte sich Szydlo - eine Vertraute des PiS-Vorsitzenden und ehemaligen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski - viel Zeit gelassen. Normalerweise ist es zwischen Deutschland und Polen üblich, solche Besuche gleich in den ersten Tagen nach einem Regierungswechsel abzustatten. Merkel empfing ihre Amtskollegin wie bei Antrittsbesuchen üblich mit militärischen Ehren.

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