International Merkel spricht in China Nichtregierungsorganisationen an

Berlin · Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Peking geht es um handfeste Wirtschaftsinteressen. Deutsche Unternehmen pochen auf faire Wettbewerbsbedingungen. Kanzlerin Merkel will aber auch eine ganz andere Frage thematisieren.

 Der CDU-Politiker Michael Brand darf nicht nach China einreisen.

Der CDU-Politiker Michael Brand darf nicht nach China einreisen.

Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei ihren Gesprächen in Peking den Umgang Chinas mit ausländischen Nichtregierungsorganisationen ansprechen.

Sie werde dafür werben, dass die "für alle sehr gewinnbringende Arbeit der politischen Stiftungen, aber auch anderer Nichtregierungsorganisationen hier nicht zu negativ beeinflusst" werde und weiter möglich sei, sagte Merkel in ihrem neuen Video-Podcast.

Merkel fliegt am späten Samstagabend mit sechs Ministern und fünf Staatssekretären nach Peking, wo am Montag die vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen stattfinden.

Nach ihren Worten trägt die Arbeit der Stiftungen dazu bei, dass sich Deutschland und China näher kennenlernen - eine "Win-win-Situation" für beide Staaten. Ein von der chinesischen Führung geplantes Gesetz verbietet ausländischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), "politische Aufgaben" zu betreiben oder zu finanzieren. Es soll Anfang 2017 in Kraft treten.

Zum Vorgehen der EU gegen Billigimporte der chinesischen Stahlindustrie sagte Merkel, "wir haben im Augenblick eine sehr komplizierte Situation auf dem Stahlmarkt". China produziere etwa die Hälfte der Stahlmenge, was auch deutsche Unternehmen beeinflusse. Deshalb sei es Aufgabe der EU-Kommission zu schauen, ob ein Anti-Dumping-Verfahren notwendig sei: "Wir werden uns strikt auf der Grundlage der Welthandelsorganisation verhalten - da kann ich für die Kommission wirklich die Hand ins Feuer legen."

Die deutsche Industrie spricht sich für einen weitergehenden Schutz vor Dumping und einen Abbau der Überkapazitäten in China aus. "Die chinesische Regierung sollte darauf vorbereitet sein, dass es in Europa starke Stimmen gibt, China den Marktwirtschaftsstatus noch nicht zu erteilen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Markus Kerber. "Es gibt in China Marktzugangshemmnisse, die so in Europa nicht existieren."

Dazu zähle etwa der Zwang deutscher Investoren, einzig und allein in Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern einzusteigen. Auch unfreiwilliger Technologietransfer stelle deutsche Unternehmen vor Ort immer noch vor große Herausforderungen. "Diese Themen gehören jetzt auf die Tagesordnung", forderte Kerber. Ziel müsse sein, bei der Vergabe des Marktwirtschaftsstatus an China eine tragfähige Lösung zu finden, die den Schutz der deutschen und europäischen Industrie vor Dumping-Produkten aus China garantiere.

Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Michael Brand, forderte Merkel auf, Eingriffe in Freiheitsrechte anzuprangern. "Dialog ist absolut wichtig, allerdings ist Dialog kein Selbstzweck", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn Partner wie China, Russland oder die Türkei rote Linien überfahren, muss die Bundesregierung ein Stoppschild setzen, das auch verstanden wird." Peking hatte dem CDU-Politiker das Visum verweigert, weil er der Aufforderung des chinesischen Botschafters in Deutschland nicht gefolgt war, kritische Tibet-Artikel von seiner Homepage zu löschen.

Brand mahnte: "Wir erleben gerade eine Reihe von gezielten Tabubrüchen gegen einzelne Abgeordnete, die in Wahrheit ein Angriff auf das gesamte Parlament sind. Dahinter steckt System." Mit Druck, Diffamierung und Drohungen werde versucht, berechtigte Kritik nicht nur im eigenen Land, sondern auch in Deutschland zu verhindern und Parlamentarier mundtot zu machen.

Mit der neuen Staatsführung in China habe sich die Lage der Menschenrechte weiter verschlechtert. "Als Abgeordnete des deutschen Parlaments können wir uns wehren. Wir sind in der Pflicht, für die das Wort zu ergreifen, die in China wegen ihrer freien Meinungsäußerung mit dem Tod bedroht werden."

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