Jahrestagung des Deutschen Beamtenbundes "Mehr Schutz gegen gewalttätige Übergriffe auf Beamte"

KÖLN · Der Titel der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbundes (dbb), die noch bis Dienstag in Köln läuft, stand schon mehrere Monate fest: "Verfassung ohne Verfallsdatum - Gesellschaft im Wertewandel". Durch die Terroranschläge von Paris erlangte das Thema unerwartete Aktualität.

 Mangelnden Respekt für Polizeibeamte und Behördenmitarbeiter kritisiert der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Klaus Dauderstädt, auf der Jahrestagung der Organisation in Köln.

Mangelnden Respekt für Polizeibeamte und Behördenmitarbeiter kritisiert der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Klaus Dauderstädt, auf der Jahrestagung der Organisation in Köln.

Foto: dpa

"Mit Fassungslosigkeit ob der Brutalität sehen wir uns herausgefordert, solchen Fanatikern die Stirn zu bieten", sagte der dbb-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt. Im Schwerpunkt ging es um Probleme mit Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.

Vor dem Hintergrund anhaltender Respektlosigkeit gegenüber Beschäftigten des öffentlichen Dienstes appellierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière an Politik und Gesellschaft, sich schützend vor die Beschäftigten zu stellen. "Niemand erwartet von Bürgerinnen und Bürgern einen Untertanengeist gegenüber Mitarbeitern im öffentlichen Dienst." Die hohe Zahl der Gewalttaten vor allem gegen Polizeibeamte, aber auch gegen Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit sei nicht hinnehmbar. Nach den Terroranschlägen seien viele Franzosen auf Polizisten zugegangen, um ihnen für den Einsatz zu danken. "Ein solcher Händedruck täte auch deutschen Polizisten gut", meinte der Minister.

Dauderstädt forderte von der Politik mehr "Rückendeckung" für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, "deren Arbeitsbelastung sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat und die sich nicht selten von ihren Arbeitgebern und Dienstherren im Stich gelassen fühlen". Mehr Schutz gegen Übergriffe sei notwendig: "Wir brauchen bei Bedarf Kontroll- und Überwachungsgeräte, ohne jede Behörde gleich in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln." Unübersichtliche Einzelbüros sollten in besser einsichtige und mit der Umgebung vernetzte Einheiten umgebaut werden.

Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) betonte, wie wichtig es sei, die Handlungsfähigkeit des Staates zu erhalten. Durch Globalisierung, Digitalisierung und zunehmende Ungleichheit werde der Staat unter Druck gesetzt. Eine wachsende Zahl von Bürgern habe die Beschäftigung mit politischen Fragen aufgegeben. Steinbrück sprach von der "erschöpften Demokratie". Bei Kommunalwahlen finde man nicht mehr genügend Bewerber. Doch es gelte, die Errungenschaften des Grundgesetzes ständig zu verteidigen. Die Stärke der deutschen Verfassung sehe er in ihrer Entwicklungsfähigkeit, sie sei kein fertiges Dokument. Doch dafür brauche es den leistungsfähigen öffentlichen Dienst.

Die rund 750 Gäste der Jahrestagung beschäftigten sich ausführlich mit dem geplanten Gesetz zur Tarifeinheit, also dem Grundsatz, dass in einem Arbeitsverhältnis oder in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag anzuwenden ist. Nach Auffassung von Dauderstädt verstößt die Bundesregierung mit den Plänen eindeutig gegen das Grundgesetz: "Es geht um ein Grundrecht. Es geht um Gewerkschaftspluralität in Deutschland, das mehrfach in seiner Geschichte statt Koalitionsfreiheit Gleichschaltung präsentiert bekam." Weil der Gesetzentwurf zur Tarifeinheit das Wort "Streikrecht" nicht einmal erwähne, müsse sich die Bundesregierung der "Feigheit" bezichtigen lassen, so Dauderstädt. Die Verantwortung für das Ergebnis werde auf die Gerichte verlagert. "Es sollen Arbeitsrichter sein, die einen Arbeitskampf einer kleineren Gewerkschaft als unverhältnismäßig deklarieren." Diese Verlagerung der Entscheidungen von der Politik auf die Gerichte sieht der dbb als verfassungswidrig an.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans erwartet für die Mitte Februar beginnenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder weit auseinander liegende Positionen. Der Der Beamtenbund fordert 5,5 Prozent Einkommensplus, aber mindestens 175 Euro im Monat mehr. Es gehe aber darum, "bei einer guten Gesprächskultur zu bleiben", sagte Walter-Borjans. Nur so gelinge es, die Länderhaushalte so aufzustellen, dass die Verwaltung ihren Aufgaben nachkommen könne, es aber gleichzeitig angemessen bezahlte und motivierte Mitarbeiter gebe.

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