Europawahl 2014 Le Pens Triumph

PARIS · Frankreich kannte gestern nach der Auszählung der ersten Ergebnisse der Europawahlen viele Verlierer und eine Siegerin - Marine Le Pen, die sogleich die "Laschheit und den Betrug" der europäischen Eliten anklagte und die "Rückkehr der souveränen Nationen" auf EU-Ebene ankündigte.

 Umringt von Journalisten: Marine Le Pen, Chefin des Front National, in Nanterre. Die ultrarechte Partei vervierfachte ihr Ergebnis im Vergleich zur Europawahl 2009 auf rund 25 Prozent.

Umringt von Journalisten: Marine Le Pen, Chefin des Front National, in Nanterre. Die ultrarechte Partei vervierfachte ihr Ergebnis im Vergleich zur Europawahl 2009 auf rund 25 Prozent.

Foto: dpa

Ihr ultrarechter Front National hat alle Vorhersagen übertroffen und wurde stärkste politische Kraft mit rund 25 Prozent, vor der rechts-konservativen Oppositionspartei UMP mit gut 20 Prozent.

Für die regierenden Sozialisten zeichnete sich eine historische Schlappe ab: Mit gut 14 Prozent unterboten sie noch das schlechte Ergebnis der Europawahlen 2009 von 16,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung von 42 Prozent war zwar erneut niedrig, aber doch höher als 2009, wo mit 59,4 Prozent eine Rekord-Enthaltung gemessen wurde.

Sozialisten-Chef Jean-Christophe Cambadélis sprach von einem "düsteren Tag für Europa" und Premierminister Manuel Valls von "mehr als einer Warnung, sondern einem Schock, einem Erdbeben", ausgelöst vom Front National, der sein Ergebnis von 2009, als er 6,3 Prozent erhalten hatte, etwa vervierfachen konnte.

Im EU-Parlament, wo die rechtspopulistische Partei mindestens 22 der 74 französischen Abgeordneten stellen könnte, hofft Le Pen auf die Bildung einer europaskeptischen Gruppe, deren Vorsitz sie gerne übernehmen würde. Geschickt hatte sie im Wahlkampf die Kritik an den EU-Institutionen und dem Euro mit dem Aufruf einer Abrechnung mit Präsident François Hollande verbunden.

"Was bleibt ihm nun anderes übrig, als die Nationalversammlung aufzulösen?", fragte die Rechtspopulistin. Eine Mehrheit der Franzosen hatte in Umfragen angegeben, das Votum als Abstrafung der Regierung nutzen zu wollen: Nationale Themen überwogen im Wahlkampf, das Duell der Spitzenkandidaten erhielt nur geringes Medien-Echo. Zuletzt hatten sich sowohl Präsident Hollande als auch sein Vorgänger Nicolas Sarkozy mit pro-europäischen Essays eingeschaltet.

Die Sozialisten hatten zwar mit einer weiteren Klatsche nach den Kommunalwahlen im März gerechnet - aber nicht in derartigem Ausmaß. In deren Folge hatte Hollande die Regierung umgebildet, den Premierminister ausgetauscht, der in den vergangenen Tagen Erleichterungen der Steuer- und Abgabenlast für 1,8 Millionen Haushalte ankündigte. Nun bleibt kaum Spielraum.

Die bürgerlich-konservative UMP, die 2009 noch bei 27,9 Prozent lag, sieht sich von rechts überholt. Das schwache Ergebnis erklärt sich nicht nur durch die Abspaltung zweier Zentrums-Flügel, die gemeinsam rund zehn Prozent auf sich vereinen. Die UMP hat sich seit der Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2012 in interne Führungsschlachten verstrickt und sich in ein pro- und einen anti-europäisches Lager gespalten. Der umstrittene Chef Jean-François Copé wird nun noch durch eine Affäre um intransparente Auftragsvergabe an eine mit ihm befreundete Firma geschwächt. Er konzentrierte sich aber auf das Scheitern der anderen und wollte im Wahlergebnis gestern vor allem den Ausdruck einer "riesigen Wut auf Hollande" sehen.

Auch für den grünen Zusammenschluss "Europa-Ökologie - Die Grünen" stellt die Wahl eine Enttäuschung dar: Nachdem sie 2009 mit ihrem Zugpferd Daniel Cohn-Bendit, der die Politik nun verlässt, mit 16,3 Prozent 14 Abgeordnete stellen konnte, wurde die Partei mit neun Prozent nur fünftstärkste Kraft vor der europaskeptischen Linksfront mit sechs Prozent.

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