Misshandlungen in Burbach kein Thema des Gipfeltreffens Kraft fordert schnellere Asylverfahren

DÜSSELDORF · Nach dem überwiegend positiven Echo auf den Flüchtlingsgipfel in NRW hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mehr Hilfen vom Bund und schnellere Asylverfahren gefordert. Bei einer Überschreitung der Drei-Monats-Frist beim Bundesamt für Migration müsse der Bund die weiteren Unterbringungskosten tragen, drängte Kraft. Zudem soll der Bund für Kosten der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen aufkommen.

Die Piraten-Fraktion verwies darauf, dass über 1600 Jugendliche ohne Eltern als Flüchtlinge in NRW lebten. Der Flüchtlingsgipfel setzt auf ein Patenschaftsprogramm für Flüchtlingskinder, an dem sich auch Ehrenamtler beteiligen. Angesichts der kritisierten Missstände in zentralen Landeseinrichtungen sprach sich Ministerpräsidentin Kraft für überprüfbare Qualitätsstandards aus, um auch private Betreiber von Einrichtungen besser kontrollieren zu können. Für den Flüchtlingsrat NRW sind diese Standards aber längst überfällig. Geschäftsführerin Birgit Naujoks bedauerte, dass über konkrete landesweite Standards ("maximal drei Flüchtlinge pro Zimmer") nicht ausführlich geredet wurde. "Wir haben weiterhin das System Verwahrung statt Betreuung."

Naujoks bemängelte, dass Flüchtlinge statt wie vorgesehen erst nach sechs Wochen oder drei Monaten bereits nach zehn oder 14 Tagen einer Kommune zugewiesen würden.

Die NRW-Landesregierung hatte auf dem Flüchtlingsgipfel zusätzliche Hilfen von 46 Millionen Euro pro Jahr zugesagt. 2015 sollen 189 Millionen Euro an die Kommunen fließen - 40 Millionen mehr als bisher geplant. Damit soll die direkte Hilfe für die Unterbringung von Flüchtlingen um 25 Prozent auf rund 50 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig werden:

  • in der für die Verteilung der Flüchtlinge zuständigen Bezirksregierung Arnsberg 44 zusätzliche Stellen geschaffen.
  • die Mittel für die psychosoziale Versorgung der oft traumatisierten Flüchtlinge auf sieben Millionen Euro verdoppelt.
  • in jeder der 18 zentralen Landeseinrichtungen Beschwerdestellen eingerichtet.
  • aus einem Fonds in Höhe von drei Millionen Euro besonders teure Krankenbehandlungen von Flüchtlingen (mehr als 70 000 Euro pro Fall) finanziert.
  • möglicherweise Standards beim Denkmalschutz für neue Einrichtungen gesenkt. Der Städte- und Gemeindebund begrüßte es, dass das Land "einen ordentlichen Betrag draufgelegt hat".

Dass auf dem Flüchtlingsgipfel das "Thema Misshandlungen in Burbach" weitgehend ausgeklammert wurde, begründete CDU-Landeschef Armin Laschet mit dem Hinweis, dass es beim Gipfel darum gegangen sei, "was kann denn jetzt besser werden?"

Der Beauftragte der Evangelischen Kirche, Kirchenrat Thomas Weckelmann, sprach nach der Aufstockung der Landesmittel von einem "Paradigmenwechsel" in der Flüchtlingspolitik.

Noch im November will das Land die Bettenzahl in Landesaufnahmeeinrichtungen von heute 5000 auf 7500 Plätze aufstocken. Die Städte schätzen aber, dass das Land mindestens 15 000 Plätze braucht. Ministerpräsidentin Kraft bestätigte, dass es nicht nur darum gehen könne, Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen.

Nötig seien auch Sprachkurse, der schnellere Übergang in den Arbeitsmarkt und die Anerkennung von Berufsabschlüssen. Am morgigen Donnerstag soll auf einem bundesweiten Flüchtlingsgipfel beraten werden, wie der Bund Ländern und Kommunen bei der Aufnahme finanziell helfen kann und soll.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort