Parteien Kohl und Orban: Kein Gegensatz zu Merkels Flüchtlingspolitik

Ludwigshafen · Der Besuch von Viktor Orban bei Altkanzler Helmut Kohl hatte Kontroversen ausgelöst. Der ungarische Ministerpräsident ist wegen seiner Flüchtlingspolitik umstritten. Nach dem Treffen bemühen sich alle um versöhnliche Signale - inklusive Kanzlerin Merkel.

 Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auf dem Weg zu einem Besuch in Kohls Privathaus.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auf dem Weg zu einem Besuch in Kohls Privathaus.

Foto: Uwe Anspach

Nach einem Besuch bei Altkanzler Helmut Kohl hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban die gemeinsamen Bemühungen mit Deutschland um Lösungen in der Flüchtlingsfrage herausgestellt.

Kohl und er sähen in ihrer Haltung keinen Gegensatz zur Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), heißt es in einer Erklärung, die Kohls Büro nach dem Besuch von Orban in Ludwigshafen-Oggersheim verbreitete. In der Zielsetzung sei man sich völlig einig: Es gehe darum, "unter humanitären Aspekten in einer existenziellen Frage für Millionen von Menschen den besten Weg zu finden".

Orban gilt als einer der schärfsten Kritiker von Merkel in Sachen Flüchtlingen. Der 52-jährige Politiker setzt auf Abschottung und ist gegen eine Verteilung der Flüchtlinge in Europa, er steht deshalb selbst in der Kritik. Der "Bild"-Zeitung sagte Orban nach dem rund 80-minütigen, privaten Treffen mit Kohl, Ungarn mit ihm als Ministerpräsidenten sehe sich Seite an Seite mit Berlin.

Kohl und Orban betonten in der Erklärung, dass Europa nur für den kleineren Teil der geflohenen Menschen übergangsweise eine Zuflucht bieten oder gar eine neue Heimat werden könne. Es müssten auch Lösungen außerhalb von Europa und in den notleidenden Regionen gesucht werden, damit den Menschen dort geholfen und ihnen eine Zukunftsperspektive gegeben werden könne, "die am besten in der eigenen Heimat liegt".

Orban und Kohl hoben hervor, "dass es weder in der Sache noch für die Menschen hilfreich sei, in dieser wichtigen Frage des Umgangs mit der Flüchtlingswelle und den Schicksalen von Millionen von Menschen vor allem politische Gegensätze zu konstruieren".

Orban überreichte Kohl nach Angaben von dessen Büro ein Exemplar seines Buches "Aus Sorge um Europa". Es erscheine mit einem aktuellen Vorwort Kohls und einer Einführung Orbans in diesen Tagen in Ungarn.

Kanzlerin Merkel bezeichnete das umstrittene Treffen der beiden als sinnvoll und nützlich. Viele dort diskutierte Akzente entsprächen - so weit ihr bekannt - genau dem, was sie auch "für absolut unerlässlich und wichtig" halte, sagte sie bei einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten Mosambiks, Filipe Jacinto Nyusi, in Berlin. Sie nannte als Beispiele die Bekämpfung von Fluchtursachen und gemeinsames europäisches Handeln.

CSU-Chef Horst Seehofer verteidigte das Treffen gegen Kritik: Kohl und Orban hätten sich schon vor vielen Jahren kennengelernt. Deshalb sei es "nur selbstverständlich, dass die beiden mal wieder zusammentreffen".

Gegen den Besuch von Orban demonstrierten in der Nähe von Kohls Wohnhaus etwa 30 Menschen. Sie empfingen den ungarischen Ministerpräsidenten mit Pfiffen, Tröten und Parolen wie "Orban vertreiben, Flüchtlinge bleiben". Die Polizei zählte außerdem acht Teilnehmer ein Kundgebung der Alternative für Deutschland pro Orban.

Orbans Visite bei Kohl galt als Privatbesuch. Die Polizei hatte die Straße, in der Kohls Wohnhaus liegt, abgeriegelt und dafür gesorgt, dass Demonstranten nicht näher als 30 Meter an Kohls Wohnhaus heran kamen. Nach Angaben eines Polizeisprechers verliefen die Kundgebungen friedlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort