25 Millionen Euro mehr Koalition beschließt Millionenspritze für Parteien

Berlin · Gerade mal neun Werktage haben Union und SPD gebraucht, um für die deutschen Parteien spürbar mehr Geld in die Kassen zu holen. Die Opposition ist sauer. Wird die Sache jetzt ein Fall für die Justiz?

 Bundestagsabgeordnete werfen im Plenum im Bundestag ihre Stimmkarten zur Abstimmung über die Parteienfinanzierung ein.

Bundestagsabgeordnete werfen im Plenum im Bundestag ihre Stimmkarten zur Abstimmung über die Parteienfinanzierung ein.

Foto: Michael Kappeler

Die große Koalition hat ein unangenehmes Thema schnell vom Tisch, die politischen Gegner schäumen: Vom kommenden Jahr an bekommen die deutschen Parteien alle zusammen 25 Millionen Euro mehr vom Staat.

Gerade mal eineinhalb Wochen, nachdem Union und SPD ihren Plan öffentlich gemacht haben, und mitten in der schweren Koalitionskrise um die Asylpolitik ist die Gesetzesänderung beschlossene Sache. "Gute Gesetzgebung ist nicht immer langwierig", sagte Mahmut Özdemir von der SPD am Freitag im Bundestag. Grüne, Linke, AfD und FDP ließen dagegen kein gutes Haar an der Gesetzesänderung - und könnten sogar die Justiz einschalten.

Dass die Parteien künftig insgesamt 190 Millionen Euro statt wie bisher 165 Millionen jährlich vom Steuerzahler bekommen, begründen Union und SPD vor allem mit den Folgen der Digitalisierung. "Die Zeiten ändern sich, und damit auch die Ansprüche an uns und die Parteien", sagte Unions-Justiziar Ansgar Heveling (CDU).

Die Koalitionsfraktionen haben es in den vergangenen Tagen immer wieder dargelegt: Rund um die Uhr erwarteten Bürger Antwort in Foren und sozialen Netzwerken, argumentierten sie. Datenschutz im Netz werde schwieriger, Hacker müssten abgewehrt werden. Auch Mitgliederbefragungen der Parteien seien teuer. Und Freiwillige, die ehrenamtlich mitarbeiteten, seien schwerer zu finden. Argumentationshilfen scheinen nötig zu sein, jedenfalls gibt es einen Musterbrief für SPD-Abgeordnete an Kritiker.

Linke und Grüne kündigten nach der Abstimmung im Bundestag an, eine Klage zu prüfen. Sie bezweifeln, dass die GroKo die Finanzspritze so sorgfältig begründet, wie es das Verfassungsgericht vorgeschrieben hat. Für eine sogenannte Normenkontrollklage ist ein Viertel der Abgeordneten nötig. Deshalb dürften die beiden Fraktionen nun versuchen, die FDP mit ins Boot zu holen.

Parteien bekommen Geld aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, selbst erwirtschafteten Einnahmen und vom Staat. Die Zuschüsse aus Steuergeldern sind von Wahlergebnissen in Bund und Ländern abhängig und machen etwa ein Drittel der Einnahmen aus. Für 2017 bekamen CDU und SPD 48,3 beziehungsweise 49,2 Millionen Euro, die CSU 11,8, die Grünen 15,8, die FDP 11,7, die AfD 7,5 und die Linke 12,2 Millionen Euro.

Wer schlecht abschneide bei Wahlen, der solle auch weniger Geld bekommen, sagte FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms im Plenum. "Durch den frechen Griff in die Kasse der Steuerzahlern wollen Sie sich dieser Konsequenz entziehen", sagte er insbesondere zur SPD, die bei der letzten Bundestagswahl historisch schlechte 20,5 Prozent geholt hatte. Jan Korte von den Linken forderte einen Runden Tisch für eine umfassende Reform der Parteienfinanzierung, Verbot von Unternehmensspenden an Parteien inklusive.

Britta Haßelmann von den Grünen warf der Koalition vor: "Sie schaden uns alle, den demokratischen Parteien, mit dieser Art des Vorgehens ganz erheblich." Eigentlich sei es üblich, in solchen Fragen einen Kompromiss zwischen den Fraktionen zu suchen. Zur Sprache kam auch, dass einen Tag nach dem Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland abgestimmt wurde - Bundesregierungen haben schon öfter unbeliebte Gesetzesänderungen im Schatten von Fußball-Großevents beschlossen. Der AfD-Politiker Thomas Seitz sprach von einer "Schmierenkomödie" und warf Union und SPD vor, sie kämpften für ihre "ganz persönliche Bereicherung".

Die AfD war auch selbst am Rande Gegenstand der Debatte - die anderen Fraktionen warfen ihr unter anderem vor, die eigene Finanzierung nicht transparent zu machen. Einen Ordnungsruf von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) kassierte der FDP-Politiker Christoph Hoffmann. Er hatte im Zusammenhang mit der AfD von "Gauleitern" gesprochen. Gauleiter war eine Position in der NSDAP in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.

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