Traditionelle Herbstversammlung Katholiken debattieren Richtungsfragen der Kirche

FULDA · Mit Spannung blickt nicht nur die katholische Kirche ab heute nach Fulda, wo bis Donnerstagabend die (gegenwärtig) 66 (Erz)-Bischöfe und Weihbischöfe aus den 27 deutschen Diözesen zu ihrer traditionellen Herbstvollversammlung zu öffentlichen Gottesdiensten und Beratungen hinter verschlossenen Türen zusammenkommen.

Nach dem Eröffnungsgottesdienst im Fuldaer Dom versammeln sich die Bischöfe seit 1867 (!) am Grab des dort nach seinem gewaltsamen Tod im Jahr 754 durch heidnische Friesen bestatteten Mainzer Erzbischofs Bonifatius.

Es ist die erste Vollversammlung, die von dem im Frühjahr zum Vorsitzenden gewählten Münchener Erzbischofs Reinhard Kardinal Marx geleitet wird. Marx, der auch dem von Papst Franziskus einberufenen Gremium von acht Kardinälen zur Reform der Kurie angehört, gilt als selbst- und machtbewusst.

Da der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz keine Jurisdiktionsgewalt über die Mitglieder hat ( diese liegt allein in Rom), ist er vor allem auf den Konsens aller angewiesen. Auch im Blick auf den gesellschaftlichen Einfluss der Kirche, den Marx nicht zuletzt im Blick auf das politische Berlin stärken will. Eine entsprechende Arbeitsgruppe ist bereits eingesetzt.

Auf der offiziellen Tagesordnung stehen ein Bericht des Erzbischofs von Mossul über die Lage der Christen im Irak und im Nahen sowie Vorderen Orient, eine Stellungnahme durch den Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann zur aktiven Sterbehilfe, die von den Kirchen strikt abgelehnt wird, sowie die Schaffung eines Kunstwerkes zum Ende des 2. Vatikanischen Konzils vor einem halben Jahrhundert im kommenden Jahr.

Spannend aber werden vor allem die inoffiziellen Themen, die Kardinal Marx dann am Freitag für die Öffentlichkeit zusammenfassen wird: Wie geht die Kirche mit den massenhaften Austritten im Zusammenhang mit der Kirchensteuerpflicht für die Abgeltungssteuer um? Was kann die Kirche tun, um den christlichen Flüchtlingen aus Syrien und Irak besser als bislang unter die Arme zu greifen?

Wie steht die Bischofskonferenz zum weiter um sich greifenden Terror der IS-Milizen und dem islamistischen Fundamentalismus mit schrecklichen Folgen für Andersgläubig? Große Sorgen bereiten den Bischöfen freilich auch die nachlassenden Zahlen des sonntäglichen Gottesdienstbesuches.

2013 besuchten nur noch 10,8 Prozent der Katholiken den Sonntagsgottesdienst; 2012 waren es noch 11,7 Prozent. Marx spricht von einem Weckruf: Die Selbstverständlichkeit, einer Kirche oder Religionsgemeinschaft anzugehören, werde immer geringer, so der Kardinal. Die Kirche müsse "immer wieder versuchen, auf allen Ebenen Vertrauen zu schaffen durch gute und überzeugende Arbeit".

Nicht zuletzt bereitet der Deutschen Bischofskonferenz die Frage Kopfzerbrechen, ob und wie sie sich zur Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) stellen soll, an den Feierlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation 2017 teilzunehmen. Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Und wird die Herbstvollversammlung eine Erklärung zur römischen Bischofssynode mit dem Schwerpunkt Familie verabschieden? Hier gibt es auch unter den Bischöfen unterschiedliche Auffassungen, ob man geschiedene Wiederverheiratete wieder zu den Sakramenten zulassen oder es beim bisherigen Nein belassen soll.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort