Über AKK, Klimaschutz und die AfD Interview mit Kieler Regierungschef Daniel Günther

Kiel · Der Kieler Regierungschef Daniel Günther spricht im Interview über Kramp-Karrenbauer, den Klimaschutz und die AfD. Er ist überzeugt, dass kein Mann als neuer Verteidigungsminister so scharf kritisiert worden wäre wie Kramp-Karrenbauer.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther ist überzeugt: Kein Mann wäre als neuer Verteidigungsminister so scharf kritisiert worden wie CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Frauen müssten sich immer noch stärker beweisen. Das sei absurd. Mit Günther sprach Kristina Dunz.

Frau Kramp-Karrenbauer wird jetzt als Verteidigungsministerin vereidigt. Ist es klug, dass die CDU-Chefin neben der Rettung der Volkspartei mit einem extrem arbeitsreichen Ministerium beschäftigt ist?

Daniel Günther: Es ist richtig, dass sie Regierungsverantwortung übernimmt. Viele in der CDU mussten sich erst einmal an die Vorstellung gewöhnen, dass eine Parteivorsitzende kein Amt im Parlament oder in der Regierung hat. Das war für die Union Neuland. Es ist richtig und wichtig, dass sie unterschiedliche Funktionen in einer Hand hat. Und es ist irritierend, wie diese Entscheidung in Reihen des Koalitionspartners kommentiert wurde. Wie sollen Menschen ein positives Bild von Politik bekommen, wenn selbst die Regierung tragende Politiker sagen, wir hätten es nur mit Nichtskönnern zu tun. Nicht anders ist doch die Bemerkung zu verstehen, dass einem die Truppe unter der neuen Ministerin nur leidtun könne. Und da wundert sich noch jemand, dass sich Bürger von Parteien abwenden?

Hätte es ähnlich viel Kritik gegeben, wenn ein Mann Verteidigungsminister geworden wäre?

Günther: Nein.

Warum ist das so?

Günther: Wenn Frauen in der Politik Verantwortung übernehmen, werden sie von manchen Männern, die dort in der Mehrheit sind, oft eher kritisch gesehen. Auch jetzt gibt es da wieder ein paar Herren, die Probleme damit haben, dass mit Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer drei Frauen wichtige Positionen haben. Ich kann zig Beispiele nennen, wo Männer wichtige Funktionen haben und vielleicht nicht die Besten sind – und das stört niemanden. Wir haben zu wenige Frauen in Verantwortung. Die jetzige Entwicklung an der Spitze von Partei und Regierung hat deshalb Vorbildcharakter.

Ist das Verteidigungsministerium ein Sprungbrett für die Kanzlerkandidatur?

Günther: Ich gehe davon aus, dass Annegret Kramp-Karrenbauer das Amt mit Leidenschaft und Sachverstand ausfüllen will und es nicht nur als Sprungbrett für Weiteres versteht. Die Soldatinnen und Soldaten brauchen größtmögliche Rückendeckung. Aus meiner Sicht ist das Verteidigungsministerium das schwierigste Ressort in der Bundesregierung. So wie ich Annegret Kramp-Karrenbauer kennengelernt habe, wird sie diesem Amt sehr schnell ihren Stempel aufsetzen.

Sind Sie für ein Paritätsgesetz, damit Parlamente garantiert zur Hälfte mit Frauen besetzt sind?

Günther: Früher war ich gegen gesetzliche Regelungen, weil ich immer auf Freiheit und Vernunft gesetzt habe. Daran glaube ich mittlerweile nicht mehr. Das funktioniert leider nicht. Ein Paritätsgesetz ist aber schwierig. Denn wir haben neben den Wahllisten zusätzlich das gute Prinzip der Direktwahlkreise. Und man kann nicht gesetzlich vorschreiben, in welchem Wahlkreis ein Mann oder eine Frau kandidieren soll. Hätten wir ein Wahlsystem, durch das Abgeordnete nur über Listen ins Parlament kommen, wäre es einfach. Männer und Frauen würden gleichberechtigt platziert. Trotzdem müssen wir uns über Regeln unterhalten. Es ist aber klüger, die auf Parteiebene zu beschließen.

Was muss die CDU ändern? Laut CDU-Statut gibt es eine freiwillige Frauenquote von einem Drittel der Ämter und Mandate.

Günther: Auch bei uns muss auf jeden Fall auf jeden zweiten Platz eine Frau kommen. Das reicht aber nicht aus. Es muss auf allen politischen Ebenen darauf hingewirkt werden, dass Frauen zur Hälfte berücksichtigt werden. Was die Wahlkreise betrifft, muss aus Führungsämtern dafür geworben werden, dass dort zur Hälfte Frauen antreten.

Wie kann die CDU als Volkspartei überleben?

Günther: Breit aufgestellt sein, sich thematisch nicht einengen lassen, in der Mitte positioniert sein, den Kompass in gesellschaftspolitischen Fragen auf liberal und fortschrittlich einstellen und in bestimmten politischen Bereichen durchaus konservativ und mit Alleinstellungsmerkmal auftreten…

Zum Beispiel?

Günther: In den Bereichen Sicherheit und Bildung.

Ist der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz dann nicht ganz wichtig für die Partei? Sie gehören nicht zu seinen Fans.

Günther: Er ist auf großen Widerhall in der Union gestoßen. Ein Kandidat, der bei der Vorstandswahl fast die Hälfte der Delegierten hinter sich bekommt, hat Anerkennung. Und er ist tatsächlich jemand, der sehr pointiert politische Positionen vertritt. Für die Union ist er in jedem Fall ein Gewinn. Er spielt deshalb auch eine wichtige Rolle. Wenn die Union alle genannten Bereiche gut und glaubhaft abdeckt und zeigt, dass sie für Stabilität und Verlässlichkeit steht, kann sie bei Wahlen wieder über 40 Prozent holen.

Die Union tut sich noch schwer mit Klima- und Umweltschutz.Wie groß muss das Rad sein, an dem auch die CDU drehen muss, um die nächsten Klimaschutzziele einzuhalten nachdem 2020 gerissen wird?

Günther: Das Rad ist riesengroß, das die CDU endlich anfangen muss zu drehen. Man kann ja nicht blind durch die Welt laufen. Die bisherigen Ansätze und Anreize sind vollkommen falsch und nicht zukunftsfähig. Ohne eine richtige und sozial ausgewogene CO2-Bepreisung kann ich mir kein Gesamtkonzept vorstellen, das zugleich Innovationen fördert und Wohlstand sichert. Ein Zertifikat für eine Tonne CO2 ist zu billig, Erneuerbare Energien werden falsch gefördert. Auch aus Finanzgründen muss allen klar sein, warum wir das besser machen müssen. Wir stellen jetzt schon Gelder im Bundeshaushalt ein, um Strafzahlungen der Europäischen Union bezahlen zu können. Ich wünschte mir, dass die Union Klimaschutz aus eigener Überzeugung macht. Ich habe als Bundesratspräsident soeben Afrika besucht. Dort kann man die Dramatik des Klimawandels längst beobachten.

Machen Ihnen die anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland Sorgen? Was passiert, wenn die CDU etwa in Sachsen doch eine Koalition mit der AfD eingeht?

Günther: Die Union schließt auf allen Ebenen aus, mit der AfD zu koalieren. Dazu haben wir auch einen Parteitagsbeschluss. Ein Bündnis mit der AfD ist für uns nicht denkbar.

Der Beschluss des Parteitags gilt genauso für die Linke. Kann man Linke und AfD noch in einem Atemzug nennen? Oder ist die CDU auf der linken Seite inzwischen etwas entspannter, wie es auch der Kurs von Brandenburgs CDU ist?

Günther: Man kann AfD und Linke nicht miteinander vergleichen. Auf regionalen Ebenen haben wir ja auch schon deutlich stärkere Kontakte zu den Linken als zur AfD. Was die Entspannung betrifft, muss diese Frage jeder für sich selbst beantworten. Ich habe das getan. Und daran hat sich auch nichts geändert.

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