Genauer Fahrplan noch offen Incirlik-Abzug: Bundeswehr-Tornados ziehen nach Jordanien um

Berlin · Nun ist es offiziell: Die Bundeswehr wird aus dem türkischen Incirlik abgezogen. Wann der erste Soldat das Land verlässt, ist aber noch offen. Die Einsatzbedingungen für die Truppe verschlechtern sich am neuen Standort in Jordanien.

 Zwei Recce-Tornados der Luftwaffe starten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH in Incirlik.

Zwei Recce-Tornados der Luftwaffe starten im Rahmen des Einsatzes Counter DAESH in Incirlik.

Foto: Falk Bärwald

Die Bundesregierung hat den Abzug der Bundeswehr aus dem türkischen Incirlik eingeleitet und will die Anti-IS-Truppe so schnell wie möglich nach Jordanien verlegen.

Das Kabinett beauftragte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) damit, innerhalb einer Woche alle offenen Fragen zu klären und einen Zeitplan vorzulegen. Kanzlerin Angela Merkel sieht in dem Abzug keine neue Eskalationsstufe im angespannten Verhältnis mit Ankara. In den Gesprächen mit der Türkei müsse man sich nun "auf andere Punkte konzentrieren", sagte die CDU-Chefin.

Der Umzug wird nach Schätzung der Verteidigungsministerin zwei bis drei Monate dauern. Neben 260 Soldaten, werden sechs "Tornado"-Aufklärungsjets, ein Tankflugzeug und 200 Container verlegt. Die Truppe in Incirlik späht seit Anfang 2016 Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak aus, damit diese von Verbündeten bombardiert werden können.

Grund für den Abzug ist ein Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete auf dem türkischen Stützpunkt. Ein letzter Einigungsversuch von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) in Ankara war am Montag gescheitert. Die Regierung in Ankara hatte mit dem Besuchsverbot auf die Asylgewährung für türkische Soldaten in Deutschland reagiert. Ankara geht seit dem gescheiterten Putsch im vergangenen Jahr massiv gegen mutmaßliche Anhänger des Predigers Fethullah Gülen vor, den sie für den Umsturzversuch verantwortlich macht.

Das noch in Incirlik stationierte Tankflugzeug ist laut von der Leyen nach zwei bis drei Wochen wieder einsatzbereit, für die "Tornados" dauert der Umzug zwei bis drei Monate. Die Lücke sollen Bündnispartner der internationalen Anti-IS-Koalition füllen. Darüber wird von der Leyen nun Gespräche führen. "Davon abhängig wird sich dann auch unser Zeitplan der Verlegung von Incirlik nach Jordanien staffeln", sagte sie. In der nächsten Woche werde sie dem Kabinett über Ergebnisse berichten.

Nach Angaben eines Ministeriumssprechers wird schon an diesem Donnerstag ein Vorauskommando nach Jordanien reisen. Er bestätigte, dass von der Leyen im Rahmen der Gespräche mit den Bündnispartnern am Nachmittag mit ihrem türkischen Amtskollegen Fikri Isik telefoniert und ihn über die Verlagerung informiert habe. Das Telefonat sei in "guter Atmosphäre" verlaufen. Man wolle im Gespräch bleiben. Auch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg habe von der Leyen telefoniert. Geplant sei auch ein Gespräch mit dem US-Verteidigungsminister James Mattis.

Merkel kündigte eine "schnellstmögliche" Umsetzung der Umzugsentscheidung an. Eine Änderung des Bundestagsmandats ist rechtlich nicht notwendig, weil darin der Stationierungsort nicht genannt ist. Aus politischen Gründen wird das Parlament möglicherweise aber trotzdem über den Abzug abstimmen. Es gibt bereits Gespräche über einen Entschließungsantrag, mit dem sich der Bundestag aber frühestens in der nächsten Plenarsitzung am 21. Juni befassen kann.

Alle Fraktionen im Bundestag sind für den Abzug aus Incirlik. Die Linke fordert sogar, den Bundeswehreinsatz gegen den IS ganz abzubrechen. "Die Bundeswehr hat im Nahen Osten nichts verloren", sagte Parteichef Bernd Riexinger.

Der Umzug ist ein beispielloser Vorgang: Die Bundeswehr verlegt Truppen an einen Standort außerhalb des Nato-Gebiets, weil sich die Bündnispartner Deutschland und Türkei so tief zerstritten haben, dass eine Einigung trotz monatelanger Bemühungen nicht möglich war. Die geografische Lage und auch die Versorgungssituation in Al-Asrak verschlechtern die Einsatzbedingungen für die Soldaten. Die Nato bedauerte den Abzug aus Incirlik, machte aber gleichzeitig klar, dass es sich für sie um eine bilaterale Angelegenheit handelt.

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