NRW In der Landes-CDU wird vor Personaldebatten gewarnt

Bonn · Eine baldige Bundestagswahl käme für die nordrhein-westfälische Union zur Unzeit – auch weil sich die Basis gerade auf die Kommunalwahl vorbereitet.

Im Kabinett von Angela Merkel spielt die nordrhein-westfälische CDU rein zahlenmäßig die größte Rolle. Sechs Minister und Staatssekretäre kommen von Rhein und Ruhr, nur fünf aus Baden-Württemberg, vier aus Niedersachsen, drei aus Hessen und zwei aus Rheinland-Pfalz. Auch die Unions-Bundestagsfraktion wird von dem Westfalen Ralph Brinkhaus geführt. Bei Bundesparteitagen stellt die NRW-CDU zudem stets den mit Abstand größten Block. Mehr Einfluss für den größten CDU-Landesverband geht eigentlich nicht. Wenn er denn einig wäre. Ist er aber nicht unbedingt.

Die Entscheidung um den Bundesvorsitz im Dezember hat das gezeigt: Sympathien gab es genauso für die Saarländerin Annegret Kramp-Karrenbauer wie für die Westfalen Friedrich Merz und Jens Spahn. Der NRW-Block hat die Vorsitzenden-Frage nicht entschieden. Doch wenn es um die Frage der Kanzlerkandidatur geht, könnte die Landespartei zum entscheidenden Faktor werden. „An der NRW-CDU vorbei wird die K-Frage jedenfalls nicht entschieden“, sagt der Bonner Politikwissenschaftler Volker Kronenberg. Und damit kommt auch Landesparteichef Armin Laschet ins Spiel, der eine Kandidatur selbst nicht ausgeschlossen hat.

Kronenberg hat eine Vermutung: Er glaube nicht, dass die „instabile Unions/SPD-Koalition“ den Jahreswechsel erreicht. „Und dann liegt die Frage auf dem Tisch, wer unionsseitig antritt.“ Laschet hätte den Vorteil, dass er mit der FDP könne, was an dem „pragmatisch und geräuschlos funktionierenden Bündnis in Düsseldorf“ zu sehen sei. Er sei aber auch bei Schwarz-Rot und Schwarz-Grün „anschlussfähig“. Immerhin war Laschet schon zu Bonner Bundestagszeiten Teil der „Pizza-Connection“ aus jungen Unions- und Grünen-Politikern, die sich oft in einem Kessenicher Lokal trafen.

Laschet setzt eigene Akzente

Nicht klar ist für Kronenberg, ob Laschet selbst Ambitionen hegt. Auf der einen Seite könne ihm im Blick auf das dann möglicherweise zur Disposition stehende Amt des Ministerpräsidenten die Diskussion um eine Kanzlerkandidatur gar nicht recht sein. Andererseits setze Laschet zunehmend eigene Akzente weit über Nordrhein-Westfalen hinaus: als deutsch-französischer Kulturbeauftragter oder auch als jemand, der in Bonn eine Akademie für Internationale Politik aufbauen will.

Oliver Wittke würde – wenn er Kronenberg hören würde – Stopp sagen. Als Verkehrsminister saß er vor gut zehn Jahren mit dem damaligen Integrationsminister Laschet im Kabinett von Jürgen Rüttgers. Heute ist er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und hält eine Diskussion um Laschet als Kanzlerkandidat für falsch. „Er ist ein exzellenter Ministerpräsident in NRW. Daraus aber abzuleiten, er müsste jetzt zwangsläufig nach Berlin, ist völliger Quatsch“, sagt Wittke, der als Vorsitzender der Ruhr-CDU großen Einfluss in der NRW-Union hat.

Was den Gelsenkirchener derzeit mehr umtreibt, ist, dass die Erneuerung der CDU nicht schnell genug vonstatten geht. „Die Zuhörtour ist abgeschlossen, jetzt müssen wir die Diskussionen zum Beispiel um die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie schneller zu Ende führen.“ Das Grundsatzprogramm müsse zeitiger fertig werden. Derzeit ist geplant, es Ende 2020 zu beschließen.

Kritische Stimmen an der Basis

An der Basis gibt es dazu auch kritische Stimmen. Thomas Wallau, Vorsitzender der CDU Hennef, meint: „Ob Schnelligkeit da der beste Ratgeber ist? Jedenfalls muss es auch nachhaltig sein.“ Wie Wittke warnt auch Wallau vor einer Personaldiskussion: „Wie fatal das für eine Partei sein kann, sieht man ja an der SPD.“ Und Laschet als Kanzlerkandidat? Dass er als Bundes-Vize und Ministerpräsident auch für andere Aufgaben geeignet ist, sei ja völlig klar. Aber nun gehe es darum, dass er Nordrhein-Westfalen „wie bisher in Ruhe und ohne Aufgeregtheit nach vorn bringt“. Jedenfalls könne man bei der NRW-Koalition sehen, „was man mit Einigkeit erreichen kann“.

Und was ist mit einer vorgezogenen Bundestagswahl rund um den Jahreswechsel, wenn die Koalition auseinanderbrechen sollte? „Die käme für uns zur Unzeit“, sagt Enno Schaumburg, Vorsitzender des CDU-Stadtbezirksverbands Hardtberg. Denn die Konzentration seines Verbands gelte voll der Kommunalwahl 2020. „Ende August stellen wir die Kandidaten für Rat und Bezirksvertretung auf und ab September erarbeiten wir unser Wahlprogramm.“ Ein Wahlkampf passe da nicht ins Konzept.

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