Bußgeldverfahren gegen Eltern Es gibt immer mehr Schulverweigerer in NRW

In Nordrhein-Westfalen bleiben immer mehr Schüler regelmäßig dem Unterricht fern. Die Behörden leiteten im Vorjahr fast 8800 Bußgeldverfahren gegen Eltern ein.

 Die Klassenzimmer werden leerer, weil immer mehr Schüler dem Unterricht fernbleiben.

Die Klassenzimmer werden leerer, weil immer mehr Schüler dem Unterricht fernbleiben.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

In Nordrhein-Westfalen bleiben immer mehr Schüler regelmäßig dem Unterricht fern. Die fünf Bezirksregierungen des Landes, die für die Schulaufsicht zuständig sind, strengten im vergangenen Jahr 8794 Bußgeldverfahren gegen Schulverweigerer an weiterführenden Schulen an, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergeben hat. Vor vier Jahren waren es noch 1500 Verfahren weniger. „Wir leiten die Maßnahmen erst ein, wenn eine Schule mit dem betroffenen Schüler nicht mehr anders weiter weiß“, sagte ein Sprecher der Bezirksregierung Köln.

Die meisten Schulverweigerer gibt es im Regierungsbezirk Arnsberg. 2971 Bußgeldverfahren leitete die Behörde ein, in deren Zuständigkeit das Sauerland und Teile des Ruhrgebiets fallen. Es folgt die Bezirksregierung Düsseldorf, die vom Bergischen Land bis zum Niederrhein die Aufsicht führt, mit 2900 Fällen. Im Regierungsbezirk Münster waren es 1106 Verfahren, im Bezirk Köln 935 (siehe Kasten), in Detmold 882.

In Nordrhein-Westfalen werden die Eltern im Vergleich zu anderen Bundesländern eher moderat zur Kasse gebeten. Pro Fehltag des Kindes können zwischen 80 und 150 Euro fällig werden. Andere Bundesländer erheben dagegen erheblich höhere Bußen. In Sachsen sind es zum Beispiel bis zu 1250 Euro, in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt 1000 Euro und in Rheinland-Pfalz 500 Euro.

Die Behörden unterscheiden zwischen Schulverweigerern und Schulschwänzern, die nur gelegentlich Schulstunden ausfallen lassen. „Deren Zahl und Fehlstunden wären gar nicht zu bemessen“, hieß es von Seiten der Bezirksregierungen. Bei Schulverweigerern liegen die Probleme nach Ansicht von Experten tiefer. Eine aktuelle Studie der Krankenkasse DAK kommt etwa zu dem Ergebnis, dass 3,5 Prozent der elf Millionen Schulkinder in Deutschland von Ängsten betroffen sind. Ursachen können etwa die Sorge vor schlechten Noten sein oder Stress mit Mitschülern, Stichwort: Mobbing.

Die Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Elternvereins, Andrea Heck, wünscht sich eine bessere Kommunikation zwischen betroffenen Eltern und den Schulen. „Es ist für Eltern oft sehr schwer, den Klassenlehrer schnell und direkt zu erreichen, um über die Probleme mit dem Kind zu sprechen“, sagte sie. „Häufig landet man bei den Anrufen erst im Sekretariat der Schulen. Und dort weiß man auch nicht immer, wie und ob der jeweilige Klassenlehrer jetzt zu sprechen ist. Vieles verläuft dann im Sande“, kritisierte Heck. Die Elternvertreterin forderte: „Eltern müssen feste und verlässliche Nummern und Kontakte haben, an die sie sich ohne großen Aufwand wenden können.“

In die Verweigerer-Statistik der Bezirksregierungen sind auch einzelne Fälle von Schülern eingegangen, die kurz vor den Ferien gefehlt haben, damit die Familie günstiger in den Urlaub fliegen kann. Nach Angaben der Bundespolizei stimmt es allerdings nicht, dass ihre Beamten an den letzten Schultagen an den Flughäfen gezielt Ausschau nach abgängigen Schülern hielten. „Dafür haben wir wirklich keine Zeit. Wir haben wichtigere Aufgaben, als nach Kindern und Jugendlichen zu gucken, die einen Tag früher aus der Schule genommen worden sind“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Ernst Walter.

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