Der Papst im Interview „Ich bin Sünder und bin fehlbar“

Rom · Papst Franziskus ist bereits seit vier Jahren im Amt. Nun spricht er in einem Interview über Reformen, Priestermangel und Zölibat.

 „Ängste schließen Türen. Die Freiheit öffnet sie“, sagte Papst Franziskus in seinem ersten Interview mit einer deutschsprachigen Zeitung.

„Ängste schließen Türen. Die Freiheit öffnet sie“, sagte Papst Franziskus in seinem ersten Interview mit einer deutschsprachigen Zeitung.

Foto: dpa

Am kommenden Montag ist Papst Franziskus vier Jahre im Amt. Während die Leitung der katholischen Kirche durch Jorge Bergoglio vor allem im Klerus kontrovers diskutiert wird, taugt der inzwischen 80 Jahre alte Argentinier immer noch zum Popstar. Die italienische Ausgabe des „Rolling Stone“ bildet in ihrer aktuellen Ausgabe Franziskus lächelnd und mit erhobenem Daumen ab. In einem an diesem Donnerstag erschienenen Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ versucht Franziskus, den Kult um seine Person zu bremsen.

Er sehe sich nicht als etwas Besonderes, sagt Franziskus in seinem ersten Interview mit einer deutschsprachigen Zeitung. „Ich bin Sünder und bin fehlbar.“ Man dürfe nicht vergessen, dass die Idealisierung eines Menschen auch eine „unterschwellige Art der Aggression ist“. Wenn er idealisiert werde, fühle er sich angegriffen, sagte der Papst. Franziskus sieht sich selbst als „ganz normaler Mensch, der tut, was er kann“.

Die Kritik am Papst wegen seiner angeblich liberalen und unorthodoxen Sichtweisen etwa im Bereich der katholischen Ehelehre hatte zuletzt ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Besonders konservative Katholiken kritisieren Franziskus, weil er streng katholische Positionen nicht mit der nötigen Vehemenz verteidige oder gar zu ihrer Auflösung beitrage. Über seine internen Kritiker sagte der Papst: „Ich kann verstehen, wenn meine Art, die Dinge anzugehen, manchen nicht gefällt, das ist völlig in Ordnung.“

In dem „Zeit“-Gespräch deutet sich an, über welches Problem die katholische Kirche in Zukunft streiten wird, nämlich den Priestermangel. „Die Berufung von Priestern stellt ein Problem dar, ein enormes Problem“, sagte Franziskus und kündigte an, dass über dieses Thema bei der kommenden Synode zum Thema Jugend im Herbst 2018 diskutiert werden müsse. Der von liberalen Katholiken erhofften Abschaffung des Pflichtzölibats erteilt der Papst aber eine Absage: „Der freiwillige Zölibat ist keine Lösung“, sagt Franziskus.

Stattdessen deutet der Papst eine Öffnung bei der Weihung ständiger Diakone zu Priestern an. „Wir müssen darüber nachdenken, ob Viri probati eine Möglichkeit sind“, stellt Franziskus fest. Viri probati sind von der Kirche als vorbildlich angesehene verheiratete Männer, die kirchliche Aufgaben übernehmen. Bereits in der Vergangenheit hatte Franziskus einzelne Bischöfe zu „mutigen Lösungen“ ermuntert, etwa am brasilianischen Amazonas, wo Gemeinden wegen des Priestermangels nur einmal im Jahr die Messe feiern können. Kritiker erkennen in der Weihung ständiger Diakone zu Priestern den Anfang vom Ende des Zölibats.

Über seine Reformen in der katholischen Kirche sagte Franziskus: „Ängste schließen Türen. Die Freiheit öffnet sie. Und wenn die Freiheit klein ist, öffnet sie immerhin ein Fensterchen.“ Den letzten Satz kann man durchaus als programmatisch für die oft marginal erscheinenden Reformversuche des Papstes verstehen. Franziskus äußerte sich auch über persönliche Glaubenskrisen. Er sagte: „Ich kenne auch die leeren Momente.“ Auf die Frage, ob er Deutschland im Jahr des 500. Jubiläums der Reformation besuchen werde, antwortete Franziskus ausweichend: „Das wird schwierig dieses Jahr.“ Sein Terminkalender sei dieses Jahr „sehr voll“. Auch für 2018 sei „nichts dergleichen“ geplant.

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