Kommentar zur Rückführung von Kindern Humanitäre Frage

Meinung | Bonn · Etwa 120 Kinder von deutschen IS-Angehörigen sitzen derzeit noch in Flüchtlingslagern in Syrien fest. Bislang zögerte die Bundesregierung, Kinder und IS-Angehörige zurückzuholen. Verantwortungsscheu war jedoch noch nie Ausweis politischer Stärke, kommentiert Helge Matthiesen.

Kinder dürfen nicht für Verbrechen ihrer Eltern verantwortlich gemacht werden. Das ist eigentlich ein ganz einfacher moralischer Grundsatz, der aber für die Kinder von IS-Kämpfern bisher nur eingeschränkt galt. Die Bundesregierung hat zunächst wenig unternommen, das humanitäre Problem nach dem weitgehenden Zusammenbruch des IS in Syrien und im Irak zu lösen.

Kein Weg ist einfach, denn es gilt die Konkursmasse eines brutalen Krieges abzuwickeln, der ohne Gnade und mit allen Mitteln geführt wurde. Die rechtlichen, politischen und tatsächlichen Verhältnisse in Lagern und zerstörten Staatswesen sind verworren.

Es ist sicherlich verständlich, wenn Deutschland zögert, eigene Staatsbürger oder deren Partner in Deutschland für Verbrechen vor Gericht zu stellen, die im Krieg in Syrien begangen worden sind. Deutschland war weder Kriegspartei noch hat es Staatsbürger ermuntert, in den Krieg zu ziehen. Ob sich unser Land auf Dauer dieser Aufgabe entziehen kann, ist offen. Verantwortungsscheu war jedoch noch nie Ausweis politischer Stärke. Andere europäische Länder gehen offensiver mit dem Problem um.

Es ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, wenn Deutschland sich jetzt um die Opfer dieses Krieges kümmert. Die Kinder müssen soweit sie deutsche Staatsbürger sind, wie jeder andere Deutsche auch behandelt werden. Der Staat schuldet ihnen Schutz, denn sie sind nicht freiwillig in diese Lage geraten. Sie sind Opfer der politischen Verblendung ihrer Eltern. Wenn es eine Möglichkeit gibt, ihnen zu helfen, dann muss der Staat das tun. Alle diese Kinder haben Angehörige, die versuchen wollen, den Kindern zu helfen. Auch sie verdienen Unterstützung.

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